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/ 11.06.2013
Hans-Peter Hufschlag

Einfügung plebiszitärer Komponenten in das Grundgesetz? Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und verfassungspolitische Konsequenzen direkter Demokratie im vereinten Deutschland

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1999; 327 S.; brosch., 79,- DM; ISBN 3-7890-5852-1
Rechtswiss. Diss. Köln; Erstgutachter: K. Stern. - Die Einführung plebiszitärer Komponenten auf Bundesebene ist hierzulande ein immer öfter zu vernehmender Vorschlag zur Überwindung der an Schlagworten wie "Parteienverdrossenheit" festgemachten Legitimationskrise der repräsentativen parlamentarischen Demokratie sowie zur Verbesserung staatsbürgerlicher Partizipation. Der Autor untersucht die Möglichkeiten für die Einführung solcher direktdemokratischer Elemente in zwei Schritten. Im ersten Teil weist Hufschlag mit gründlicher rechtswissenschaftlicher Systematik nach, daß das Grundgesetz in seiner heutigen Form zwar bundesweite Plebiszite außerhalb der wenigen ausdrücklich genannten Möglichkeiten ausschließt, eine entsprechende Änderung unserer Verfassung aber unbeschadet der Bestandsgarantie aus Art. 79 (3) zulässig wäre – denkbar wäre auch eine Direktwahl des Bundespräsidenten. Dieses Ergebnis überrascht nicht; es entspricht der sogenannten herrschenden Lehre in der Rechtswissenschaft. In der zweiten Hälfte liefert Hufschlag zunächst eine umfassende Bestandsaufnahme aller direktdemokratischen Elemente in Deutschland von 1918 bis 1997, wobei nicht unbedingt einleuchten mag, welchem Erkenntnisinteresse dabei die Untersuchung (schein)plebiszitärer Elemente in den beiden totalitären Diktaturen dient. Der aus politikwissenschaftlicher Sicht spannendsten Frage, nämlich der nach der politischen Zweckmäßigkeit von Volksabstimmungen oder einer Volkswahl des Bundespräsidenten, widmet sich der Autor am Ende des Bandes. Hufschlag hält beides für "weder geboten noch zu empfehlen" (305). Es liegt weniger an diesem Ergebnis als vielmehr an der relativen Kürze, mit der diese Frage abgehandelt wird, daß Hufschlags verfassungspolitische Analyse weit weniger überzeugend ausfällt als die verfassungsrechtliche. Das Buch besticht neben seiner sachlichen Argumentation, der klaren Gliederung und guten Lesbarkeit auch durch einen sehr großen Fußnotenapparat, der eine umfassende Bestandsaufnahme der Literatur insbesondere zu den rechtswissenschaftlichen Aspekten der Thematik bietet. So wird dieser Band wohl für lange Zeit zum Kernbestand der Literatur zu dieser Materie gehören. Aus dem Inhalt: B. Zulässigkeit von Abstimmungen nach dem Grundgesetz: I. Wahlen und Abstimmungen nach dem Grundgesetz; II. Zulässigkeit von Abstimmungen über die im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinaus. C. Zulässigkeit einer Einführung plebiszitärer Komponenten in das Grundgesetz: I. Volksabstimmungen; II. Volkswahl des Bundespräsidenten. D. Bewährung direkt-demokratischer Instrumentarien in der Praxis? I. Die Erfahrungen in Deutschland: 1. Die Weimarer Republik; 2. "Drittes Reich"; 3. Deutsche Demokratische Republik; 4. Bundesländer; II. Schlußfolgerung für den Bund. E. Zweckmäßigkeit einer Einfügung plebiszitärer Komponenten in das Grundgesetz: I. Die von der Gemeinsamen Verfassungskommission gegen eine Einfügung plebiszitärer Komponenten in das Grundgesetz angeführten Argumente; II. Argumente gegen eine unmittelbare Wahl des Bundespräsidenten.
Andreas Beckmann (AB)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften, Bereich Politikwissenschaft, Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.322.31 Empfohlene Zitierweise: Andreas Beckmann, Rezension zu: Hans-Peter Hufschlag: Einfügung plebiszitärer Komponenten in das Grundgesetz? Baden-Baden: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/9812-einfuegung-plebiszitaerer-komponenten-in-das-grundgesetz_11570, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11570 Rezension drucken
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