/ 11.02.2016
Karl-Rudolf Korte (Hrsg.)
Emotionen und Politik. Begründungen, Konzeptionen und Praxisfelder einer politikwissenschaftlichen Emotionsforschung
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft [DGfP] 33); 350 S. ; 69,00 €; ISBN 978-3-8487-2246-4Obschon Emotionen in der Politik eine nicht zu übersehende Rolle spielen, man denke an Kampagnen für Spitzenkandidaten im Rahmen von Wahlkämpfen oder an die Art öffentlicher Debatten über Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus, hat die (deutsche) Politikwissenschaft lange gezögert, sich mit diesem Thema konzeptionell und methodisch auseinanderzusetzen. Diese Distanz gegenüber Emotionen speist sich nicht zuletzt aus den rationalistischen Prämissen relevanter demokratietheoretischer Positionen: Während deliberative Ansätze die kognitive Dimension in der Verständigung über politische Themen betonen, stellt in liberaler Perspektive Emotionalität tendenziell eine Gefährdung des professionell zu betreibenden politischen Prozesses dar. In der Absicht, „Schneisen in die komplexe Gemengelage zu schlagen“ (12), hat die Deutsche Gesellschaft für Politikwissenschaft (DGfP) das Verhältnis von Emotionen und Politik zum Gegenstand ihrer 2014 durchgeführten Jahrestagung gemacht und der daraus hervorgegangene Sammelband soll „systematische, grundlagen‑ und anwendungsbezogene Zugänge“ (19) zur politikwissenschaftlichen Emotionsforschung vorstellen. Insgesamt votieren die Autor_innen der Beiträge für ein erweitertes, die Verschränkung von Rationalität und Emotionalität anerkennendes Politikverständnis. Das geschieht zunächst im Sinne einer interdisziplinären Begründung der Relevanz des Gegenstandes. Besonders anregend sind hier die Bezüge zur Geschichtswissenschaft (Nielsen), zum normativen Modell eines dynamischen Republikanismus (Heidenreich) und zur Rolle von Affekten im poststrukturalistischen Kontext (Seyd). Vorschläge zur Integration emotionsbezogener Konzepte in politikwissenschaftliche Teildisziplinen werden im zweiten Teil unter anderem am Beispiel des Pegida‑Populismus (Leggewie), der Bedeutung von Ressentiments in internationalen Beziehungen (Wolf) und Ansatzpunkten einer ikonologischen Interpretation sozialer Bewegungen entwickelt (Bogerts). Der dritte Teil enthält beispielhafte Fallstudien zur Rolle von Emotionen im Diskurs über die Finanzkrise (Herold), im Europa‑Wahlkampf 2014 (Eggers; Weissenbach), in der politischen Semantik der AfD (Rohgalf) und mit Blick auf hegemoniale Überwachungspolitik (Yildiz).
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Rubrizierung: 1.1 | 5.2 | 2.2 | 5.42 | 4.1 | 2.23 | 2.331 | 2.35 | 2.22 | 5.46 | 3.4 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Karl-Rudolf Korte (Hrsg.): Emotionen und Politik. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39375-emotionen-und-politik_47639, veröffentlicht am 11.02.2016. Buch-Nr.: 47639 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA