Abschlussarbeit FU Berlin; Betreuung: B. Sösemann. – Dass die Wahrnehmung der nationalsozialistischen Verbrechen in der DDR stark ideologisch geprägt war, ist keine neue Feststellung. So ist denn auch die Studie von Anne‑Kathleen Tillack vor allem als Ergänzung dieses Befundes zu lesen. Sie untersucht in einer qualitativen Inhaltsanalyse 60 ausgewählte Artikel aus dem „Neuen Deutschland“, verstanden in seiner Funktion als Verlautbarungsorgan des SED‑Regimes, für den Zeitraum von 1965 bis 1985. In diesen Artikeln wurden die Feierlichkeiten in den Nationalen Mahn‑ und Gedenkstätten der DDR an den Orten der ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen thematisiert. Auffällig ist, dass erst anlässlich des 30. Jahrestages der Befreiung der Konzentrationslager im Jahr 1975 über die Feierlichkeiten in allen drei Gedenkstätten berichtet wurde. Tillack arbeitet heraus, dass in den Reden dieser Veranstaltungen über den gesamten untersuchten Zeitraum hinweg laut Berichterstattung des „Neuen Deutschlands“ immer und vor allem die aktuelle Politik in den Vordergrund gestellt wurde und damit die Feiern genutzt wurden, um sich von der Bundesrepublik abzugrenzen und sich als Friedensstaat herauszustellen. Während andere Opfergruppen nicht erwähnt oder marginalisiert wurden, erinnerten die Redner zudem meist an die kommunistischen Gefangenen und ihr Heldentum. Durch die Begrenzung der Studie auf eine Auswertung der ausgewählten Zeitungsartikel bleibt die Frage ungestellt und unbeantwortet, warum diese Feierlichkeiten erst unter Honecker eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit erfuhren.