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/ 21.06.2013
Iris Därmann (Hrsg.)

Figuren des Politischen

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2009 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1911); 304 S.; 11,- €; ISBN 978-3-518-29511-3
Zu den Traditionsbestandteilen der politischen Philosophie gehört die Frage nach den Bedingungen gesellschaftlicher Ordnung. Dabei fällt die Antwort der politischen Theorie anders aus als die der Soziologie. Für die politische Philosophie ist Gesellschaft als das geordnete Zusammenleben der Vielen wesentlich Leistung einer sei es guten, sei es klugen Politik. Diese richtet – in antiker Perspektive – die gesellschaftlichen Verkehrsformen der Natur der Gattung gemäß aus oder sie entwirft – neuzeitlich gedacht – Regeln eines umfassenden Vertrages, der die egoistischen Interessen der Herrschaftsunterworfenen sozialverträglich austariert. Für diese Ordnungsfixierung zahlt das politische Denken einen hohen Preis, der am ehesten dann erkennbar wird, wenn man von den Randzonen des Gesellschaftlichen her denkt, die aufgrund ihres flüchtigen, informellen Charakters keine eindeutige politische Dimension aufweisen. Für die Kulturwissenschaftlerin Därmann stellt das breite Spektrum der kulturellen Praktiken – wie Ess-Sitten, Verwandtschaftsverhältnisse, Körpertechniken, Einrichtungsstile usw. – jene widerständige Sphäre dar, die Aufschluss über die systematischen Grenzen der traditionellen politischen Philosophie geben kann. Inspiriert von den Werken der französischen Philosophen Jean-Luc Nancy und Jacques Rancière arbeitet sie in dichten Interpretationen u. a. von Platon, Hobbes, Kant und Nietzsche heraus, in welcher Weise politische Philosophie „das Politische nur insoweit gedacht [hat], als es der Politik selbst unterworfen werden konnte“ (18). Dieser „Verrat des Politischen an die Politik“ (9) zeigt sich ihr an drei Effekten: Politik versuchte immer, die Pluralität sozialer Interaktionen staatskonform zu egalisieren, sie hat die Gleichheit innerhalb der Gesellschaft stets nur selektiv – durch Ausschluss bestimmter sozialer Gruppen – realisiert und sie hat schließlich die Sphäre des Ästhetischen für ihre Zwecke instrumentalisiert. Von den im Band enthaltenen Aufsätzen sind die über Aristoteles/Locke/Kant, Schleiermacher, Nietzsche und Heidegger Erstveröffentlichungen.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.15.35.42 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Iris Därmann (Hrsg.): Figuren des Politischen Frankfurt a. M.: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/30698-figuren-des-politischen_36461, veröffentlicht am 02.09.2009. Buch-Nr.: 36461 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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