/ 19.06.2013
Andreas Kunze
Finale Entfernung. Die moderne deutsche Kultur und die Vernichtung der Juden im Dritten Reich
Köln: PapyRossa Verlag 2004; 416 S.; 26,- €; ISBN 3-89438-282-1Der von Kunze als „finale Entfernung“ bezeichnete Holocaust ist, so der Autor, der Endpunkt einer spezifisch deutschen kulturellen Tradition. Diese genuin deutsche, speziell von deutschen Männern getragene Kultur nennt er „Kultur der Purität“. Sie sei u. a. durch Vorstellungen von Sittlichkeit, Bildung, Idealismus, aber auch durch Begriffe wie „Rassereinheit“ oder „reines Deutschtum“ umrissen. Da Juden beziehungsweise das Judentum innerhalb dieses Modells Schmutz, Unreinheit, Unsittlichkeit usw. repräsentierten, sei ihre Ausrottung folglich als Akt der „Kultur der Purität“ zu begreifen. Diese Kultur sei keineswegs neu gewesen, sondern stehe in einer Kontinuität, die, wenngleich mit anderen Akzentuierungen, bereits seit der Goethezeit nachweisbar sei. Im Verlauf der geschichtlichen Entwicklung habe sich die „Kultur der Zivilität“, die durch Anerkennung des Fremden, Anderen gekennzeichnet sei, nicht gegen die „Kultur der Purität“ durchsetzen können. Der Autor will die Ausformung dieser „Puritätskultur“ umfassend nachzeichnen und so aufzeigen, dass die Barbarei der NS-Schergen nicht trotz, sondern innerhalb der deutschen Kultur stattfand und eine „deutsche Kulturtat“ schlechthin sei.
Silke Becker (BE)
Dipl.-Soziologin; freie Journalistin.
Rubrizierung: 2.35 | 2.312
Empfohlene Zitierweise: Silke Becker, Rezension zu: Andreas Kunze: Finale Entfernung. Köln: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/20829-finale-entfernung_24286, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 24286
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Dipl.-Soziologin; freie Journalistin.
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