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/ 17.06.2013
Dirk van Laak

Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der politischen Geistesgeschichte der frühen Bundesrepublik

Berlin: Akademie Verlag 2002; 331 S.; 2., unveränd. Aufl.; geb., 39,80 €; ISBN 3-05-003744-X
Diss. Hagen; Gutachter: L. Niethammer, P. Brandt. - Um das Werk von Schmitt hat sich in der Bundesrepublik ein umfassender Deutungsbetrieb entfaltet, der inzwischen selbst zum Untersuchungsgegenstand geworden ist. Van Laak beschäftigt sich mit der Nachkriegswirkung des Staatsrechtlers Schmitt, der zu den wenigen in den Nationalsozialismus verstrickten Personen gehörte, die auf Dauer von der Fortführung einer Karriere in der frühen Bundesrepublik ausgeschlossen blieben. Stattdessen entwickelte Schmitt eine "subkutane Wirkung über verschiedene Kreise, Personen und Diskussionen" (8) und verkörperte ein repräsentatives Schicksal, das erfolgreich zur Identifikation einlud. "Schmitts Leben nahm einen mehr oder weniger festen Rhythmus zwischen Spaziergängen, Besuchen, Vorträgen, Reisen, Korrespondenzen und Gästen an. Für den Wunsch, ihn zum Schweigen zu bringen, war die Strategie des Fernhaltens vom institutionellen gelehrten Betrieb durchaus kontraproduktiv. Zeit und Muße sollten vielmehr zu Schlüsselfaktoren seiner erneuten Ausstrahlungskraft werden, die Schmitt nicht nur lokal wieder 'ins Gespräch', sondern ihn mit immer weiteren 'Kreisen' in Zusammenhang brachten." (41) Der Autor untersucht diese Gesprächskreise und Beziehungsnetze und liefert damit nicht nur Aufschlüsse über den "Fall Carl Schmitt", sondern auch über die damaligen Zeitumstände. Gerade Schmitts Weigerung "abzuschwören", habe ihn in der Nachkriegszeit zu einer Identifikationsfigur gemacht und erleichterte die Frontstellung gegen Identitätsgefährdungen. Für viele war der Staatsrechtler ein Beispiel für die Verführbarkeit des Denkens, dem sie affektive Ablehnung entgegenbrachten. Andererseits galt (und gilt) er wegen seiner anspielungsreichen und ästhetischen Texte als "Geheimtipp". Van Laak untersucht Schmitts Einfluss auf die verschiedenen Wissenschaften. In der Politikwissenschaft wurde er lange Zeit vor allem als Vertreter der "autoritären Staatswissenschaften" und eines deutschen antiliberalen Sonderbewusstseins verstanden, wovon man sich vor allem abzugrenzen hatte. Die Frage, ob es eine Carl-Schmitt-Schule gegeben habe, bejaht der Autor mit Einschränkungen: Es handele sich um eine "Geschichte einer behinderten und unter erschwerten Bedingungen stattfindenden, vielleicht aber gerade deshalb funktionierenden Schulebildung" (234). Am Ende seines Werkes skizziert van Laak die Bildungsgeschichten von zehn verschiedenen Wissenschaftlern, die Schmitt entscheidende Prägungen verdankten und im weitesten Sinne einer solchen Schule zugeordnet werden können.
Henry Krause (HK)
Dipl.-Politologe, Referatsleiter, Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden.
Rubrizierung: 5.462.3132.35 Empfohlene Zitierweise: Henry Krause, Rezension zu: Dirk van Laak: Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Berlin: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16896-gespraeche-in-der-sicherheit-des-schweigens_19408, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19408 Rezension drucken
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