/ 22.06.2013
Michael C. Bienert / Uwe Schaper / Hermann Wentker (Hrsg.)
Hauptstadtanspruch und symbolische Politik. Die Bundespräsenz im geteilten Berlin 1949-1990
Berlin-Brandenburg: be.bra wissenschaft verlag GmbH 2012 (Zeitgeschichte im Fokus 1); 358 S.; geb., 24,95 €; ISBN 978-3-95410-100-9Mit diesem Sammelband legt die Stiftung Ernst-Reuter-Archiv das erste Werk ihrer neuen Schriftenreihe vor. Die Beiträge basieren auf einer Tagung aus dem Frühjahr 2010 und nehmen in der Analyse, wie die Bundesrepublik den Hauptstadtanspruch in Berlin vertrat, auf Murray Edelmans Konzept zur symbolischen Politik mehr oder weniger dezidiert Bezug. So galt es zwischen 1949 und 1990, erläutern die Autoren, mit Bundesbehörden und Sitzungen der Verfassungsorgane in der einstigen Reichshauptstadt Flagge zu zeigen, um einerseits die von den Alliierten unter Vorbehalt gestellte Bindung der Stadt an den Bund zu vertiefen sowie andererseits Berlin als Schaufenster zum Osten hin zu entwickeln. Zwei Elemente sind übergreifend in allen Beiträgen festzustellen. Bis Ende der 1950er-Jahre existierte sogar ein stilles Einverständnis seitens der Sowjetunion beziehungsweise der DDR über die Bundespräsenz. Das galt jedenfalls solange jenseits der Sektorengrenze noch auf die Wiederherstellung der Deutschen Einheit gesetzt wurde. Erst das sowjetische Berlin-Ultimatum, hiernach der Mauerbau und schließlich das Berlinabkommen der Siegermächte veränderten den Kontext so sehr, dass die Anwesenheit des Bundes in der Stadt erkennbar an Symbolkraft und Bedeutung einbüßte. Abgerundet werden die verschiedenen Darstellungen durch einen Übersichtsartikel zur historischen Entwicklung der Berliner Spaltung, zur Wahrnehmung in Ost-Berlin und durch einen Ausblick auf die Hauptstadtdebatte 1991. Weil die Stiftung Teil des Landesarchivs Berlin ist, wird auch die Quellenbasis in den staatlichen Archiven noch gewürdigt. Während die zeitgeschichtliche Darstellung breit und vielschichtig ist, wird der selbstgesetzte Anspruch, „verschiedene geisteswissenschaftliche Disziplinen zusammenzuführen“ (18), verfehlt. Mit einer Ausnahme sind nämlich alle Autoren im Bereich der Geschichtswissenschaft oder Politikwissenschaft beheimatet, sodass ein wenig die interdisziplinäre Betrachtung fehlt.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.313 | 2.32 | 2.314
Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Michael C. Bienert / Uwe Schaper / Hermann Wentker (Hrsg.): Hauptstadtanspruch und symbolische Politik. Berlin-Brandenburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34919-hauptstadtanspruch-und-symbolische-politik_41986, veröffentlicht am 23.08.2012.
Buch-Nr.: 41986
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
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