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/ 21.06.2013
Komitee für Grundrechte und Demokratie (Hrsg.)

Jahrbuch 2009. Jenseits der Menschenrechte. Die europäische Flüchtlings- und Migrationspolitik

Münster: Westfälisches Dampfboot 2009; 279 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-89691-760-7
„Verstünde man Menschenrechte als essentielle Bedürfnisse [...] die überall als das politisch-allgemeine Programm praktiziert werden müssten, dann würden Menschenrechte zum maßstäblichen Fundament und Ziel aller Politik, die Ökonomie selbstredend eingeschlossen“ (9), heißt es im Editorial der Herausgeber. Dass die Realität weit von diesem Ideal entfernt ist, illustriert diese Ausgabe des Jahrbuchs eindrucksvoll mit kritischen Analysen zur deutschen und europäischen Migrationspolitik. Oberflächlich habe Deutschland einen migrationspolitischen Perspektivenwechsel vollzogen, doch bei genauerer Betrachtung werden „erdrückende Kontinuitäten“ (73) sichtbar; das Bekenntnis zur Integration sei durchaus mit Maßnahmen der Ausgrenzung und Beschneidung von Rechten vereinbar, schreibt Thomas Hohlfeldt und bilanziert: „Deutschland ist ein auf Abwehr getrimmtes Land“ (75). Diese Menschenrechtsrhetorik und die verschiedenen Formen staatlicher Illegalisierungspolitiken in Deutschland sowie Strategien zur Abschottung und Begrenzung der Migration in Europa werden in mehreren Beiträgen behandelt. Irreguläre Migration, so Helen Schwenken, lasse sich politisch nur verhindern, wenn ausreichend legale Möglichkeiten der Einreise und Erwerbsarbeit geschaffen würden. Am Beispiel von Frontex, der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen, untersucht Christoph Marischka die Herausbildung eines europäischen Sicherheitssektors: „Dem Leitbild der vernetzten Sicherheit entsprechend soll zwischen Innen- und Außenpolitik, zwischen Polizei, Geheimdienst und Militär, zwischen Krieg und Frieden nicht mehr unterschieden werden.“ (42) Wolf-Dieter Narr macht auf einen weiteren interessanten Aspekt aufmerksam, wenn er darauf hinweist, dass die staatliche Kontrolle der Migration nur ein erster Schritt dazu sei, „sie auf die ‚einheimische’ Bevölkerung und ihre ‚unteren’ Klassen auszudehnen“ (179). Insgesamt wird mit diesem politisch engagiert geschriebenen Band darauf gezielt, ein breites Lesepublikum für das Thema Menschenrechte und Migration zu sensibilisieren.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.422.2632.3432.353.52.232.612.674.3 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Komitee für Grundrechte und Demokratie (Hrsg.): Jahrbuch 2009. Münster: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/30686-jahrbuch-2009_36448, veröffentlicht am 19.08.2009. Buch-Nr.: 36448 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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