Rousseaus Ideen sind in der Geschichte ihrer Rezeption immer umstritten gewesen. Revolutionäre wie auch ihre Gegner beriefen sich gleichermaßen auf ihn. Vorgeworfen wurde ihm stets die innere Widersprüchlichkeit seines Werkes. Steht sonst meist der politische Theoretiker im Vordergrund, so untersucht Bolle das pädagogische Grundanliegen des französischen Philosophen und versucht, es im Horizont seines Gesamtwerkes zu interpretieren. Der Professor für Allgemeine Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe möchte mit seiner Studie eine historisch-systematische Rousseau-Interpretation vorlegen. Er zeigt, dass Rousseaus biografische Einbindung in die politischen Geschicke seiner Heimatstadt Genf ein entscheidender hermeneutischer Schlüssel zur Klärung der Frage nach der Einheit des Gesamtwerkes ist.(27) Weder „Der Gesellschaftsvertrag" noch „Emile" seien als Utopien konzipiert worden, „sondern als handlungsleitende Theorien in einem je spezifischen gesellschaftlichen und historischen Kontext."(357) Inhaltsübersicht: I. Rekonstruktion der Systematik des Rousseauschen Denkens in bildungstheoretischer Perspektive: 1. Das Problem der Einheit des Rousseauschen Gesamtwerkes; 2. Natur; 3. Freiheit; 4. Vervollkommnungsfähigkeit; 5. Glück; 6. Religion; 7. Fazit zur Rekonstruktion des Rousseauschen Denkens in bildungstheoretischer Perspektive. II. Zur Systematik der pädagogischen Handlungstheorie: Die Vervollkommnung des Menschen in Freiheit: 8. Drei Vorbemerkungen zur Entstehung der Rousseauschen Erziehungstheorie; 9. Rousseaus Erziehungsbegriff und die erziehungstheoretische Axiomatik seiner Pädagogik; 10. Erziehung im Horizont der natürlichen und der sittlichen Ordnung: Lebensraum für Freiheit und Glück; 11. Die Vervollkommnung der menschlichen Kräfte zu Moralität und Tugend.