Der Band beginnt mit einem schönen Satz von Herbert Wehner: "Jeanette Wolff passt in keine Schablone. Ihr kam es auch nicht darauf an, anderen Menschen eine Schablone aufzuzwingen." (7) Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass die Frau, über die Wehner hier sprach, heute kaum noch bekannt ist. In der Weimarer Republik war sie als westfälische Kommunalpolitikerin zu einigem Einfluss in der SPD gekommen, aber die politische Karriere fand 1933 ein jähes Ende. Diskriminierung, Entrechtlichung, Deportation, Getto, KZ - Wolff musste alle Stufen der Verfolgung über sich ergehen lassen, in der fast ihre ganze Familie umkam. Nach dem Krieg knüpfte sie in Berlin sofort wieder an ihre politische Arbeit an, zunächst als Stadtverordnete, zwischen 1952 und 1961 auch als SPD-Bundestagsabgeordnete. Neben der Politik hat sie sich besonders in der jüdischen Gemeinde, in der Gewerkschaft und in der Frauenpolitik engagiert. Es ist vor allem das jüdische Engagement, das im Mittelpunkt von Seemanns Buch steht. Sowohl in der Jüdischen Gemeinde Berlin wie in der jüdischen Frauenpolitik und in der politischen Debatte um "Wiedergutmachung" war Wolff führend beteiligt. Die stark biographisch geprägte Darstellung ist ergänzt durch einige Manuskripte aus der Feder von Wolff, die auch journalistisch gewirkt hat. Wolff hat nie in der allerersten Reihe der Politik gestanden, aber der kleine Band bietet wichtige Informationen über ein öffentliches Leben, das zumindest in zweiter Reihe das Leben der frühen Bundesrepublik mitgeprägt hat.