/ 03.06.2013

Gyula Hellenbart
König Midas in Budapest. Georg Lukács und die Ungarn
Wien: Passagen Verlag 1995; 142 S.; brosch., 34,- DM; ISBN 3-85165-189-8Zunächst wird ein kulturgeschichtliches Bild der osteuropäischen, insbesondere der ungarischen Geisteskultur des 19. und 20. Jahrhunderts gezeichnet. Dieser bescheinigt der Autor Unselbständigkeit, die etwa in einer "übereifrige[n] und uferlose[n] Rezeption westlicher Bildungsgüter" (39) zum Ausdruck kommt. Vor dem Hintergrund dieses Bildes führt Hellenbart seinen Beitrag zur intellektuellen Biographie des jungen Lukács aus. Dabei wird die Interpretation der frühen (literaturkritischen und ästhetischen) Werke Lukács' eng mit dessen persönlichen Eigenschaften verknüpft. Auf diese Weise entsteht ein psychologisches Profil, das den Denker als orientierungslosen und zwiespältigen Charakter zeigt. Dies kommt immer wieder in der Radikalität seiner literarischen Äußerungen zum Ausdruck.
Hellenbart erkennt zwar an, daß Lukács die Misere des ungarischen Geistes zutreffend charakterisiert habe, kritisiert aber, daß er selbst der Eigenart dieses Geistes verhaftet blieb ("Er war im Grunde nicht kreativ" [95]); durch seinen - ab 1918 marxistischen - Dogmatismus war er zu einer adäquaten Vermittlung zwischen Empirie und Theorie nicht fähig.
Der Beitrag des Buches zum inhaltlichen Verständnis von Lukács' gesellschaftstheoretischem Werk ist eher marginal. Das liegt nicht nur am Inhalt der frühen Lukács'schen Arbeiten, sondern vor allem an der stark psychologisierenden Herangehensweise Hellenbarts.
Michael Henkel (MH)
Priv.-Doz. DR., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.4
Empfohlene Zitierweise: Michael Henkel, Rezension zu: Gyula Hellenbart: König Midas in Budapest. Wien: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1210-koenig-midas-in-budapest_1284, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 1284
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Priv.-Doz. DR., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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