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/ 03.06.2013
Eun-Jeung Lee

Konfuzianismus und Kapitalismus. Markt und Herrschaft in Ostasien

Münster: Westfälisches Dampfboot 1997 (Einsprüche 6); 159 S.; 29,80 DM; ISBN 3-89691-412-X
Unwidersprochen wird in der westlichen Diskussion vielfach die These aufgestellt, daß der wirtschaftliche Aufstieg Ostasiens wesentlich auf die autoritären Staatsformen, die sich dort entwickelt haben, zurückzuführen ist und daß diese wiederum auf dem Konfuzianismus gründen. Die Beliebigkeit, mit der einzelne Aspekte des Konfuzianismus - durchgehend sind es die konservativen - isoliert und verdreht werden, um sowohl innerhalb der asiatischen Länder autoritäres Herrschen zu legitimieren als auch aus westlicher Sicht die Erfolge Ostasiens zu erklären, ist Gegenstand des sehr aufschlußreichen und anregenden Buches der koreanischen Forschungsstipendiatin der Humboldt-Stiftung. Immer wieder geißelt sie die politische Instrumentalisierung des Konfuzianismus in Asien und übt scharfe Kritik an Samuel Huntington, dessen These vom Zusammenprall der Kulturen nach Meinung der Autorin "eigentlich nur vermeintliche oder reale politische und ökonomische Konflikte verdeckt" (26). Ebenso verurteilt Lee die herrschende Übung konservativer Strömungen im Westen, im Zeitalter der Globalisierung den Konfuzianismus als Instrument zur Disziplinierung der Arbeitnehmer und zum Abbau des Sozialstaates zu mißbrauchen. Die Absurdität der Konstruktion solcher Drohpotentiale zeigt sich deutlich darin, daß die angeblich vom Konfuzianismus geprägten Staaten Ostasiens einmal als Hightech-Konkurrenten dargestellt werden und gleichzeitig als Billiglohnländer der Abschreckung der Arbeitnehmer dienen. In Ostasien selbst wird der Konfuzianismus hingegen weniger als Drohpotential benutzt, sondern vielmehr als Legitimations- und Herrschaftsinstrument. Dies erläutert die Autorin in vier eher empirisch orientierten Kapiteln über die Herrschaftstechniken Lee Kuan Yews in Singapur, Park Chung Hees in Südkorea, der chinesischen Parteiführer von Mao bis Deng und Kim Il Sungs in Nordkorea. Das Buch ist flüssig geschrieben und enthält kein "Fachchinesisch", so daß auch Nicht-Experten Gewinn daraus ziehen können.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.682.232.225.4 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Eun-Jeung Lee: Konfuzianismus und Kapitalismus. Münster: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2984-konfuzianismus-und-kapitalismus_3905, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 3905 Rezension drucken
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