/ 18.06.2013
Ulrich K. Preuß
Krieg, Verbrechen, Blasphemie. Zum Wandel bewaffneter Gewalt
Berlin: Verlag Klaus Wagenbach 2002 (Kleine kulturwissenschaftliche Bibliothek 68); 154 S.; geb., 17,50 €; ISBN 3-8031-5168-6Erst die Trias der im Titel angesprochenen Schlüsselbegriffe ermöglicht nach Preuß ein angemessenes Verständnis der Terrorakte vom 11. September. Das geflügelte Wort vom "Krieg gegen den Terror", in dem Amerika sich befinde, erweist sich nämlich als verfälschend. Während Krieg seit dem Westphälischen Frieden einen Rechtszustand zwischen Staaten bezeichnet hatte, ist seit den Umbrüchen des Jahres 1989, in deren Folge es eine Vielzahl gewaltsamer ethnischer Konflikte und terroristischer Anschläge gegeben hat, die Grenze zwischen den so genannten "neuen Kriegen" und dem Verbrechen als einem Zustand der Negation des Rechts schwammig geworden. Doch auch die Charakterisierung der Terrorakte vom 11. September als Verbrechen fasst nicht deren gesamte Dimension. Während nämlich die Bestrafung dieses Verbrechens durch eine internationale Polizeiaktion durchaus möglich wäre, würde durch diese Strafmaßnahmen doch weder in den Verbrechern eine Einsicht ihres Unrechthandelns erzeugt, noch die nur vorübergehend gestörte Harmonie des internationalen Rechtszustandes wieder hergestellt. Der Grund dafür liege in der religiös-fundamentalistischen Weltanschauung der Terroristen, die die Anerkennung internationaler Gerechtigkeitsprinzipien und völkerrechtlicher Standards unmöglich mache. Aus diesem Grund widmet sich Preuß im zweiten Teil seiner Abhandlung, der mit der These beginnt, "daß wir in diesem Ereignis [vom 11. September] dem Bösen selbst begegnet sind" (93), den religiösen Motiven des islamistischen Fundamentalismus. Indem die Terroristen meinten, gottgefällig das Böse in der Welt zu bekämpfen, begingen sie selbst nach den Maßgaben ihrer eigenen, der muslimischen Religion, Blasphemie: "Wer für die Sache Gottes gegen den Satan kämpft, der muß die Furcht und den Schrecken [= terreur] seiner Größe und Allmacht verbreiten [...]. Die Terroristen würden dann Gottesfurcht in Menschenfurcht verwandeln, ohne über die Eigenschaften zu verfügen, die Gott eigen sind: Allmacht, Güte, Gerechtigkeit [...]. Der Terror für die Sache Gottes wäre eine Usurpation seines Namens und die Vortäuschung seiner unbegreiflichen Macht, er wäre nichts Geringeres als die Erzeugung des Gottesschreckens durch menschliche Untat. Er wäre Blasphemie." (125 f.)
Florian Weber (FW)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 4.41 | 4.1 | 2.23 | 2.25
Empfohlene Zitierweise: Florian Weber, Rezension zu: Ulrich K. Preuß: Krieg, Verbrechen, Blasphemie. Berlin: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/18206-krieg-verbrechen-blasphemie_21046, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 21046
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M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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