/ 21.06.2013
Thomas Seibert (Hrsg.)
Krise und Ereignis. Siebenundzwanzig Thesen zum Kommunismus
Hamburg: VSA 2009; 211 S.; 16,80 €; ISBN 978-3-89965-384-7Seibert versucht mit seinen Thesen, Kommunismus und Gegenwart miteinander zu verbinden und so die aktuelle Krise zu erklären. Mit der Analyse wird zudem als Antwort auf die Krise auf neue politische Wege gezielt. Was aber macht die Krise konkret aus? Zu erfahren ist in der „Gebrauchsanweisung“, dass deren „Dreh- und Angelpunkt [...] die untergründig noch heute fortwirkende Zweideutigkeit des Mai 1968 als des bislang letzten revolutionären Wahrheitsereignisses und des Entstehungsherds der ‚Globalisierung’ genannten imperialen Konterrevolution“ (9) ist – die Globalisierung wäre also demnach so etwas wie die Antwort des Kapitals auf die Studentenbewegung. Nach einem kurzen historischen Rückgriff auf die Weltwirtschaftskrise in den 20er-Jahren und den Aufstieg des Nationalsozialismus spannt Seibert in den Ausführungen zur zweiten These – „Die aktuelle Krise geht in ihrer politischen Ökonomie nicht auf“ (18) – den Bogen deutlich über die wirtschaftliche Sphäre hinaus: So sei die Krise nicht nur „Ausdruck einer maßlosen Überakkumulation des Kapitals“ mit der Folge einer „Unterkonsumtion der subalternen Klassen“, vor allem in den „Verelendungszonen des globalen Südens“ (18; genauere Angaben fehlen). Auch herrschten weltweite Klassenkämpfe und der westliche Liberalismus werde „durch gleich mehrere sog. ‚Fundamentalismen’“ herausgefordert. Außerdem sei die Krise als „Krise des biopolitischen Empire und damit der Biopolitisierung des Seins zu denken“ (19), was mit einer Proletarisierung der Gesellschaft und einer Desozialisierung der Individuen verbunden sei. Als Beleg führt der Autor u. a. den Roman „Elementarteilchen“ von Houellebecq so an, als ob sich in dessen literarischem Zynismus belastbare Aussagen über die Realität verbergen. Schließlich wird als Konsequenz die „Möglichkeit des ersten wirklich kommunistischen Weltverhältnisses“ (138) bejaht und ein „Bündnis von parasitärer Intelligenz und Massenarmut“ (139) herbeigeschrieben, mit deren Hilfe die kommunistische Kehre vollzogen werden könne. Ein begründeter wissenschaftlicher Anspruch ist in diesen Thesen nicht erkennbar, sie dürften allenfalls für ein einschlägiges politisches Publikum von Interesse sein.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.43
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Thomas Seibert (Hrsg.): Krise und Ereignis. Hamburg: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/31588-krise-und-ereignis_37622, veröffentlicht am 09.02.2011.
Buch-Nr.: 37622
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