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/ 22.06.2013
Florian Kech

Kritik der holistischen Vernunft. Karl Popper und die Frage nach dem Ganzen und seiner Teile

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012; 202 S.; 36,- €; ISBN 978-3-8329-7505-0
Politikwiss. Diss. Freiburg i. Br.; Begutachtung: U. Eith. – Kech stellt sich die Aufgabe, Karl Poppers Gesamtwerk vor dem Hintergrund seiner Positionierung zum Problem des Holismus zu bewerten. Nach einer Beschreibung des geistigen Umfelds, in dem Popper wissenschaftlich sozialisiert wurde, widmet er sich dessen Wissenschaftstheorie, um im letzten Drittel auf Poppers Sozialphilosophie zu sprechen zu kommen. Dabei konstatiert Kech, dass Popper auf wissenschaftstheoretischem und soziologischem Terrain holistische Ansätze zwar scharf kritisiert, dem Holismus in seiner eigenen Theorie jedoch nicht in Gänze entsagt. So verabschiedet sich Popper wissenschaftstheoretisch aufgrund seines Bekenntnisses zur Theorieabhängigkeit der Erfahrung vom logischen Atomismus, während er sich wegen der Berücksichtigung dessen, was er die „Logik der Situation“ nennt, sozialphilosophisch vom methodischen Individualismus entfernt. Kech unterlässt es, konsequent nach Zusammenhängen zwischen beiden Ergebnissen zu suchen und kommt in der Folge nicht über eine Wiederholung bekannter Thesen hinaus. Zudem liefert der Autor keine überzeugende Rechtfertigung seiner Herangehensweise; obwohl sich Popper nie explizit zum Holismusproblem äußert, sei darin der Dreh- und Angelpunkt seines Denkens auszumachen. Es überrascht nicht, dass sich Poppers Position auf dem an sie herangetragenen Maßstab nicht einem der beiden Pole zuordnen lässt, sondern in der dazwischenliegenden Grauzone zu verorten ist. Ohne dies näher zu begründen, glaubt der Autor hierin Widersprüche ausgemacht zu haben. In gewisser Hinsicht kopiert er damit Poppers zweifelhafte Methode der Klassikerkritik, die in der „Offenen Gesellschaft und ihre Feinde“ zu den pauschalen Verurteilungen von Platon, Hegel und Marx führt. Störend fällt zudem die häufige Wiederkehr kleinerer und größerer inhaltlicher Fehler auf, etwa wenn Poppers Kritischem Rationalismus mehrfach eine antimetaphysische Haltung zugeschrieben wird.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 5.46 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Florian Kech: Kritik der holistischen Vernunft. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35275-kritik-der-holistischen-vernunft_42488, veröffentlicht am 19.07.2012. Buch-Nr.: 42488 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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