/ 21.06.2013
Bernard Manin
Kritik der repräsentativen Demokratie. Aus dem Englischen von Tatjana Petzer
Berlin: Matthes & Seitz 2007; 349 S.; geb., 34,90 €; ISBN 978-3-88221-022-4Das Prinzip der politischen Repräsentation gilt gemeinhin als Kernelement demokratischer Systeme. Diese Überzeugung ist jedoch – wie Manin, Professor für politische Philosophie an der New York University zeigt – weder begrifflich noch ideengeschichtlich selbstverständlich. Zumal der Zusammenhang zwischen den politische Gleichheit verkörpernden demokratischen Ideen und den Grundsätzen repräsentativer Demokratie bedarf genauerer Überlegung. Denn in historischer Perspektive sind repräsentative Verfahren von englischen Aristokraten, amerikanischen Landbesitzern und französischen Juristen gerade in Abgrenzung gegenüber der (direkten) Demokratie befürwortet worden. Die Repräsentanten in bestimmtem Grade unabhängig zu machen vom Willen der Repräsentierten war in der zeitgenössischen Wahrnehmung sowohl Gebot zunehmender Professionalisierung der Regierungsgeschäfte (Sieyès) als auch Voraussetzung eines überlegenen politischen Urteilsvermögens der Amtsinhaber (Madison). Vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart verfolgt Manin die Metamorphosen der repräsentativen Demokratie primär mit Blick auf deren institutionelle Arrangements. Zentrale Bedeutung hat dabei die Entscheidung, öffentliche Ämter nicht – wie in der athenischen Demokratie – auch durch Losverfahren sondern allein durch Wahlen zu besetzen, also durch Prozeduren, in denen sich egalitäre wie aristokratische, Eliten begünstigende Elemente mischen. So erweist sich der paradoxe Charakter der politischen Repräsentation – ursprünglich als Gegenentwurf zur Demokratie gedacht – als ausbalanciertes System, das zwar faktisch oligarchische Züge hat, aber zugleich durch die Institutionalisierung einer demokratischen Öffentlichkeit verhindert, dass die gewählten Repräsentanten die Repräsentierten vollständig ersetzen.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.3 | 5.33 | 5.41
Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Bernard Manin: Kritik der repräsentativen Demokratie. Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/26732-kritik-der-repraesentativen-demokratie_31183, veröffentlicht am 16.08.2007.
Buch-Nr.: 31183
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
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