Lawrence A. Scaff, in der Max Weber‑Forschung durch zahlreiche einschlägige Beiträge sowie sein 1989 erschienenes Buch „Fleeing the Iron Cage“ geschätzt, rekonstruiert detailliert die Rundreise von Max und Marianne Weber im Jahr 1904 von New York über Chicago, New Orleans, Washington, Philadelphia und Boston. Biografisch ist Webers Amerikabesuch wichtig, weil er gewissermaßen den Auftakt nach seiner langjährigen psychischen Erkrankung darstellt; werkgeschichtlich steht er unmittelbar im Zusammenhang mit zwei seiner wichtigsten Texte, mit „Die ‚Objektivität' sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“ sowie „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“. Es ist Scaff prinzipiell zuzustimmen, dass für Weber die Vereinigten Staaten die moderne Gesellschaft schlechthin sind – mit allen Leistungen und allen Widersprüchen. Aus diesem Grund ist es auch überzeugend, in Webers USA‑Rundreise mehr als eine bloße Erfahrung zu sehen, sondern zentrale Schwerpunkte seiner späten Schriften zu erkennen. Ob indes alle theoretischen und insbesondere politischen Urteile des Gründungsvaters der deutschen Soziologie auf einen amerikanischen Horizont verweisen, wie der Autor teilweise nahelegt, dürfte umstritten sein, war er doch zu sehr an Politik und Kultur des wilhelminischen Deutschlands orientiert. Im zweiten Teil des Buches skizziert und diskutiert Scaff die amerikanische Rezeption Webers als sozialphilosophischen Klassiker und soziologischen Großtheoretiker, wobei insbesondere Talcott Parsons Interpretation durchaus Kritik erfährt. Insgesamt ist das Buch nicht nur für Experten der Weber‑Forschung von Interesse. Dies liegt nicht nur an der eloquenten Rhetorik des Autors und seines Übersetzers, sondern auch daran, dass Scaff überzeugend das transatlantische intellektuelle Wechselspiel um die Jahrhundertwende darstellt.