/ 04.06.2013
Michael Spöttel
Max Weber und die jüdische Ethik. Die Beziehung zwischen politischer Philosophie und Interpretation der jüdischen Kultur
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 1997; 151 S.; brosch., 59,- DM; ISBN 3-631-32310-7Der Autor, promovierter Ethnologe, geht in seiner Studie dem zwiespältigen Verhältnis Webers gegenüber dem Judentum nach, das dessen Werk weit mehr bestimmt habe "als dies bisher in wohlwollenden oder kritischen Stellungnahmen zu seiner Religionssoziologie vermerkt worden ist" (15). So erklären sich etwa Webers polemische Angriffe gegen das leidenschaftliche politische Engagement linker Intellektueller während und nach dem Ersten Weltkrieg nicht allein aus dem Hintergrund seiner Forderung nach einer Verantwortungsethik gegenüber der Rechtfertigung durch lautere Gesinnung. Unter Berufung auf den "sozialrevolutionären Charakter" des nachexilischen Judentums schienen ihm die revolutionären Ereignisse 1919 in München "geradezu eine jüdische Angelegenheit gewesen zu sein" (12). Spöttel zeigt, daß Weber sowohl mit seiner Paria-Hypothese als auch mit seiner Theorie, der freiheitliche Charakter der abendländischen Zivilisation basiere auf der Überwindung ihrer jüdischen Wurzeln, konventionellen Klischees verhaftet bleibt. Mit der Konstruktion idealtypischer dualer Wertungsmuster wird Weber seinem eigenen Anspruch nach wissenschaftlicher Wertfreiheit nicht gerecht. Der Autor betont, daß Weber keineswegs Weltgeschichte auf Rassenanthropologie reduziere und somit zu den geistigen Wegbereitern des Nationalsozialismus zu zählen wäre, gleichwohl sich zeigt, "wie tief Deutschland in seiner Epoche bereits vom Gift des Antisemitismus verseucht war" (143).
Inhalt: Der Prozeß der Zivilisation und die Juden: Das jüdische Paria-Volk; Die 'unjüdische' puritanische Berufsmoral; Die Paria-Hypothese in der wissenschaftlichen Diskussion; Zwischen Patriarchat und Verweiblichung. Das stahlharte Gehäuse der Moderne: Webers Kulturkritik; England: die demokratischste aller Aristokratien, die aristokratischste aller Demokratien (Macauley); Heldentod; Königsopfer. Max Webers Orient: Die orientalische Despotie China; Die Hellenen Asiens: die Inder; Land und Meer; Deutsche Mandarine, Taoisten und Tantristen. Weber und die Juden: Liberaler Konservativismus; Kriegsschuldfrage; Zum Antisemitismus Max Webers.
Andreas Eis (AE)
Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
Rubrizierung: 5.46 | 5.44
Empfohlene Zitierweise: Andreas Eis, Rezension zu: Michael Spöttel: Max Weber und die jüdische Ethik. Frankfurt a. M. u. a.: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5283-max-weber-und-die-juedische-ethik_6947, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 6947
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Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
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