/ 03.06.2013
Panajotis Kondylis
Montesquieu und der Geist der Gesetze
Berlin: Akademie Verlag 1996; 104 S.; 38,- DM; ISBN 3-05-002983-8Die Unterteilung dieses Werks in drei Kapitel, von denen das letzte bereits früher in Form eines Aufsatzes veröffentlicht wurde, orientiert sich an zwei antithetischen Begriffspaaren, die nach Kondylis die "allgemeine Physiognomie von Montesquieus Denken" kennzeichnen: "Kausales - Normatives" sowie "Konservatismus - Liberalismus bzw. Reformismus" (10). In einem ersten Schritt wird ihre Herausbildung im Spannungsbogen der Montesquieuschen Methoden, die als die Herangehensweisen des Staatslehrers einerseits und des Soziologen andererseits bezeichnet werden, dargestellt. Dabei macht der Autor eine methodische Inkonsequenz im Denken des Baron de La Brède et de Montesquieu aus, die sich im Auseinanderfallen der idealtypisch konstruierten Staatsformen und der soziologischen Analyse des empirischen Materials äußere. Der Grund dafür liege im "Primat der Staatslehre", das der Philosoph Montesquieu setze, weil seine Hauptsorge der "Absicherung der politischen Freiheit" (36) gelte. "Die schwankende Einstellung Montesquieus hinsichtlich der Beziehungen zwischen Naturrecht und positivem Recht" (67) - dies der Kern des Kapitels über das Kausale und das Normative - resultiere aus einer zweideutigen Auffassung vom Naturrecht selbst. Die soziologische Analyse des Verfassers des "Geists der Gesetze" unterminiere dabei die klassische Naturrechtstheorie auf ähnliche Weise wie das anthropologische Selbsterhaltungsprinzip Hobbes'. Schließlich fördert auch die Analyse des zweiten Begriffspaares "Konservatismus - Liberalismus bzw. Reformismus" eine Ambivalenz im Montesquieuschen Denken zu Tage. Denn dieser strebe "keine Umwälzung der Gesellschaft durch kompromißlose Anwendung der Vernunftgebote an, sondern wünsche sich eher eine möglichst humane Gestaltung der Verfassungen im Rahmen der vorgegebenen sozialen Bedingungen" (72). So räumt der Autor auch mit dem nach wie vor gängigen Mißverständnis auf, Montesquieu sei der Begründer der Gewaltentrennung im modernen staatsrechtlichen Sinn. Daß Kondylis Montesquieus Werk nach alledem dennoch zur weiteren Lektüre empfiehlt, ist nur deshalb nicht erstaunlich, weil er hinzufügt, daß die Gegenwart oft nur durch den Vergleich mit dem Vergangenen verständlich wird.
Wolfgang Wagner (WW)
Diplom-Kaufmann, Dr. rer. pol., Politologe, Gütersloh.
Rubrizierung: 5.33
Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Wagner, Rezension zu: Panajotis Kondylis: Montesquieu und der Geist der Gesetze Berlin: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2670-montesquieu-und-der-geist-der-gesetze_3504, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 3504
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Diplom-Kaufmann, Dr. rer. pol., Politologe, Gütersloh.
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