/ 22.06.2013
Susanne Stemmler (Hrsg.)
Multikultur 2.0. Willkommen im Einwanderungsland Deutschland
Göttingen: Wallstein Verlag 2011; 336 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-8353-0840-4Dass sich Deutschland mit den Phänomenen Einwanderung und Diversität nicht leicht tut, hat nicht zuletzt jenes unsägliche Pamphlet Thilo Sarrazins eindringlich vorgeführt, das mit seiner kruden Mischung aus Populismus und Eugenik Deutschland kurz vor der selbstverschuldeten Abschaffung wähnte. Wie hingegen eine konstruktive Auseinandersetzung mit Migrationsphänomenen aussehen kann, zeigt dieser Sammelband, dem es um Ansätze für ein pragmatisches Management eines „postethnischen Zeitalters“ (12) geht. Dabei zeigt sich, dass Fragen nach Migrationswegen und -ursachen, dem Rechtsstatus von Migrantinnen und Migranten, den besonderen Problematiken von Alter und Geschlecht sowie von Mehrsprachigkeit, Bildungsstand und kultureller Repräsentation entwurzelten Lebens nur in den wenigsten Fällen auf nationaler Ebene beantwortet werden können. Und so steht neben einer ausführlichen Bestandsaufnahme des Multikulturalismus und seiner Kritik auch eine ausdifferenzierte Handlungsempfehlung an Politik und Gesellschaft eines Deutschland, das tatsächlich schon längst Einwanderungsland geworden ist. Dabei wird insbesondere der Eindruck vermittelt, dass bestehende Praktiken – etwa die Integrations- und Ausländerbeiräte auf kommunaler Ebene – nicht ausreichen, um eine hinreichende Beteiligung von nach Deutschland eingewanderten Menschen zu gewährleisten. Für deren Teilhabechancen wirkt sich, so betonen verschiedene Autorinnen und Autoren, das nicht gegebene Wahlrecht negativ aus. Eine Lösung – zumindest für dieses Problem – bestünde dann ganz pragmatisch in der Verminderung solcher Hürden, etwa durch die Eröffnung von Beteiligungschancen, wenn schon nicht in Wahlen, so doch in Bürgerbegehren. Der gesamte Band artikuliert – in mitunter leider recht kurzen Beiträgen – sowohl theoretische als auch (alltags-)praktische Fragen von Migration und Integration. Er wird so nicht nur für ein Publikum in Politik und Verwaltung, sondern auch für Leser interessant, die Sarrazins Populismus als das erkannt haben, was er ist: als schädlich für ein konstruktives Miteinander.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 | 2.343 | 2.23 | 2.64 | 2.65 | 2.61 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Susanne Stemmler (Hrsg.): Multikultur 2.0. Göttingen: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de//index.php?option=com_content&view=article&id=33425, veröffentlicht am 10.01.2013. Buch-Nr.: 39993 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenDr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
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