/ 20.06.2013

Anna Wolff-Powęska / Dieter Bingen (Hrsg.)
Nachbarn auf Distanz. Polen und Deutsche 1998-2004
Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2005 (Veröffentlichungen des Deutschen Polen-Instituts Darmstadt 19); XII, 496 S.; brosch., 29,80 €; ISBN 3-447-05095-0Die „Großwetterlage“ für die Entwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen Polen und Deutschen sei nicht günstig, meint der Herausgeber im Vorwort zu dem Band, und der Wortlaut des Titels deutet auch in diese Richtung. Bei der Lektüre des Buches, das 2004 am Westinstitut der Universität Posen entstand und dessen einzelne Aufsätze beinahe ausschließlich von polnischen Autoren stammen, stellt sich freilich eine differenziertere Wahrnehmung ein. Wie bei den Veröffentlichungen des Deutschen Polen-Instituts Darmstadt üblich, dominieren kulturelle Fragestellungen das Bild. Einige Beiträge sind aber auch aus politikwissenschaftlicher Perspektive interessant. Elżbieta Stadtmüller zeigt anhand der deutsch-polnischen Zusammenarbeit bei der europäischen Integration, wie sich das Bild Deutschlands in der polnischen Öffentlichkeit gewandelt hat. Wurde die Rolle Deutschlands als Anwalt der Osterweiterung noch positiv gesehen, verschlechterte sich im Zuge des Beitritts die Stimmung gegenüber dem westlichen Nachbarn deutlich. Das geht einher mit einer Verstärkung der nationalistischen Töne in Polen und einer Renationalisierung der deutschen Politik. Krzyzstof Malinowski analysiert die unterschiedlichen sicherheitspolitischen Strategien der beiden Länder im Rahmen ihrer tieferen kulturellen Verankerung: „Gegenwärtig sind die Vektoren der Sicherheitskulturen in Polen und Deutschland verschieden ausgerichtet. In Polen begünstigt der kulturelle Faktor eher eine positive Einstellung zum Gebrauch von Gewalt.“ (117) Klaus Bachmann beschreibt die Vergangenheitspolitik in Deutschland, Polen und Tschechien. Er sieht sie von zwei grundsätzlichen Asymmetrien gekennzeichnet. Seine Analyse zeigt zum einen die zeitliche Verschiebung der Vergangenheitsbewältigung in Tschechien und Polen, die – etwas später zwar – in ganz ähnlichen Phasen wie in Deutschland verläuft. Zum anderen werden verschiedene rechtlich-politische Asymmetrien, etwa hinsichtlich der Anerkennung der Staatsgrenzen oder der Amnestierung von Verbrechen während der Vertreibung kategorisiert und ihre Auswirkungen auf das Dreiecksverhältnis der Nachbarländer untersucht.
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 4.2 | 4.22 | 4.21 | 2.61 | 2.23 | 2.35 | 4.42
Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Anna Wolff-Powęska / Dieter Bingen (Hrsg.): Nachbarn auf Distanz. Wiesbaden: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/23025-nachbarn-auf-distanz_26332, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 26332
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M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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