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/ 30.05.2013
Martin Koopmann / Joachim Schild / Hans Stark (Hrsg.)

Neue Wege in ein neues Europa. Die deutsch-französischen Beziehungen nach dem Ende des Kalten Krieges

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Genshagener Schriften – Europa politisch denken 1); 217 S.; brosch., 36,- €; ISBN 978-3-8329-7914-0
Welche Wegstrecke legten Deutschland und Frankreich in der Phase zwischen der von Helmut Kohl verfügten Streichung des Politikziels „Vereinigte Staaten von Europa“ aus dem Parteiprogramm der CDU 1992 und der von Angela Merkel 2010 ausgerufenen Unionsmethode zurück? Absolvierten beide Staaten diesen Weg gemeinsam oder getrennt? Der anlässlich des 50. Jubiläums des Elysée‑Vertrages initiierte Band versammelt ungleiche Beiträge zu einem stets mit einheitlichem Tenor bedachten Gegenstand: zu Europa. Da der „gedrosselte Motor“ des Tandems offenkundig ist, wird zunächst Rückschau gehalten: über das zumeist zähe Ringen bei europäischen Treffen – nicht nur in Nizza und nicht nur bei der Asylpolitik entstand ein „Kompromiss durch Addition“ (29), stets gab es „leftovers“ (deutet bereits das Wort auf den Verlust einer gemeinsamen Sprache hin?). Geblickt wird ebenso auf die Währungspolitik – seit jeher ein Zankapfel zwischen deutscher Austerität und französischer Konjunkturpolitik; auf die Rolle beider Länder in der näheren Nachbarschaft und in der Welt – mit der These, europäische (gemeint sind vor allem französische) Wettbewerbsschwächen gleiche ein erneuerter „rheinischer Kapitalismus“ (80) aus; auf die wie ein Augapfel gehütete nationale Verteidigungs‑ und namentlich Rüstungspolitik; zudem auf einige Felder der Kultur‑ und Wirtschaftspolitik. Führen diese Pfade in ein neues Europa? Von einer „neuen Ära“ kündet das durch eine glückliche Achse von Genshagen über Trier nach Paris entstandene Buch nicht. Niemand knüpft an die Aufbruchsstimmung etwa beim Jugendaustausch der 1960er‑Jahre oder die hehre Zeit an, als die Großvätergeneration mit der Montan‑Union die einzelstaatliche Kriegsfähigkeit im Handstreich beseitigte. Warum werden gegenwärtige Ideen zu Volkswahlen eines bundesstaatlich‑subsidiären Europas nicht resümiert, warum Städtepartnerschaften nicht, die Arbeitnehmern Chancen eröffnen? Alarmglocken hört der Rezensent, wenn neuerlich von „Sonderbeziehungen“ (201) die Rede ist. Da der „permissive Konsens“ (52) am Ende ist und die deutsch‑französischen Beziehungen für das „institutionelle Europa“ kaum mehr als „Modellbaukasten“ zu dienen vermögen, bleibt pragmatische Arbeit an gemeinsamen Bildungsabschlüssen (immerhin gibt es ein gemeinsames Geschichtsbuch), am Beamtenaustausch, an Rüstungskooperation und gemeinsamen Friedensinitiativen (etwa für Mali) eine sinnvolle Alternative – Stoff für die neue Genshagener Reihe.
Sebastian Liebold (LIE)
Dr., Politologe und Zeithistoriker, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 4.24.214.223.53.72.61 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Liebold, Rezension zu: Martin Koopmann / Joachim Schild / Hans Stark (Hrsg.): Neue Wege in ein neues Europa. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/206-neue-wege-in-ein-neues-europa_43621, veröffentlicht am 23.05.2013. Buch-Nr.: 43621 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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