/ 21.06.2013
Jens Becker / Harald Jentsch / Peter Wald (Hrsg.)
Otto Brenner. Eine Biografie. Briefe 1933-1955. Ausgewählte Reden 1946-1971
Göttingen: Steidl 2007; 396, 128, 444 S.; Ln., 48,- €; ISBN 978-3-86521-651-9Mit diesen drei Bänden wird einer der bedeutendsten Gewerkschafter der Nachkriegsära gewürdigt. Brenner hatte als ihr erster Nachkriegsvorsitzender die IG Metall zu einem wichtigen politischen Akteur gemacht und sein Amt bis zu seinem Tod 1972 inne. Becker und Jentsch zeichnen in der Biografie seinen Lebensweg nach, beginnend mit der politischen Sozialisation vor 1933 und der zeitweiligen Inhaftierung während der NS-Zeit wegen des Engagements für die verbotene Sozialistische Arbeiterpartei (SAP). Die Biografie wird ergänzt durch die Bände „Ausgewählte Reden“ sowie „Briefe“ (an Ehefrau und Tochter), in Ausschnitten zusammengestellt und kommentiert von Wald, dem Neffen Brenners. Dessen Ziel sei nach dem Ende des Krieges die Neuordnung der deutschen Gesellschaft gewesen – „und zwar der ganzen Gesellschaft in all ihren Sphären“ (9). In der Biografie nachzulesen sind die wichtigsten Lebensstationen Brenners, zu denen die Rückkehr in die SPD gehörte sowie die Gründung des DGB. Brenner engagierte sich im Kampf um Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung, nahm an den Auseinandersetzungen um das Prinzip der Einheitsgewerkschaft teil (die er befürwortete) und bestimmte die wichtigen tarifpolitischen Konflikte in den 50er- und 60er-Jahren mit. Becker und Jentsch erklären das Denken und Handeln Brenners vor allem vor dem Hintergrund der Erfahrungen während der NS-Zeit. Brenner sei seinen Auffassungen treu geblieben und habe fünfzehn Jahre nach Kriegsende noch die gesellschaftlichen Wurzeln der nationalsozialistischen Bewegung „einschließlich des antisemitischen Wahnsinns“ (346) in einer kapitalistischen Gesellschaft lokalisiert, „die ihre Probleme mit Hilfe der Demokratie nicht mehr lösen könne“ (347). Bis 1966 habe er entsprechend die Gewerkschaften in einer Abwehrstellung gesehen und erst nach Etablierung der Großen Koalition in einer mitgestaltenden Funktion. Ein ausführliches Kapitel ist deshalb dem Einsatz Brenners und der IG Metall für mehr Demokratie und gesellschaftlichen Fortschritt seit der Mitte der 60er-Jahre gewidmet.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3 | 2.31 | 2.331
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jens Becker / Harald Jentsch / Peter Wald (Hrsg.): Otto Brenner. Göttingen: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/28940-otto-brenner_34165, veröffentlicht am 23.07.2008.
Buch-Nr.: 34165
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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