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/ 05.06.2013
Heiner Bielefeldt

Philosophie der Menschenrechte. Grundlagen eines weltweiten Freiheitsethos

Darmstadt: Primus Verlag 1998; X, 230 S.; geb., 68,- DM; ISBN 3-89678-102-2
Bielefeldt geht von der Diskrepanz zwischen der Normierung und der Implementierung der Menschenrechte aus und verweist auf die Gefahr, die sich aus der Etablierung der Menschenrechtsforderung zum Allerweltsbegriff ergebe: "Der Begriff der Menschenrechte droht mit zunehmender Anerkennung und politischer Aufwertung zugleich seine inhaltlichen und normativen Konturen zu verlieren." (6) Genau um diese normativen und inhaltlichen Konturen geht es Bielefeldt. Dabei ist er sich der politischen Brisanz der Fragestellung bewußt. Hinter den "scheinbar abstrakten Differenzen der theoretischen Deutung der Menschenrechte" steckten oftmals "konkrete politische Konflikte" (8). Die Debatte um den Kulturpluralismus und die Universalität nimmt Bielefeldt anhand eines Vergleichs mit islamischen Vorstellungen auf, um nach dem Spezifikum des Menschenrechtsanspruchs zu suchen. Dabei bezieht er sich hauptsächlich auf Kant und dessen fundamentales Freiheitsrecht, das sich aus Kants gleicher Achtung der unveräußerlichen Würde eines jeden Menschen ableite. Bielefeldts Ansatz läßt dabei die Begründung der Menschenrechte aus einem spezifischen kulturellen Kontext hinter sich und bindet die Menschenrechte vielmehr an das übergreifende Phänomen der Moderne. Im Anschluß an Rawls bestimmt er Menschenrechte als "Kern eines interkulturellen 'overlapping consensus'" (145). In der Übertragung dieses Rawlsschen Begriffes werde der normative Anspruch der Menschenrechte deutlich; mehr noch: "Menschenrechte enthalten mithin eine 'kulturkritische' Komponente, durch die sie zum Ferment gesellschaftlichen und kulturellen Wandels werden können." (146) Gleichzeitig fordere dieses Verständnis der Menschenrechte keine Uniformität bis in Einzelfragen. Der besondere Wert dieses Ansatzes liegt darin, daß er sich jenseits eines dekretierten Einheitsethos bewegt und gleichzeitig auch über einen Minimalkonsens oder -kompromiß in Menschenrechtsfragen hinausgeht. Damit stellt Bielefeldts Buch eine wichtige Bereicherung der aktuellen Universalitätsdebatte dar.
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 4.425.42 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Heiner Bielefeldt: Philosophie der Menschenrechte. Darmstadt: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6569-philosophie-der-menschenrechte_8893, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 8893 Rezension drucken
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