/ 18.06.2013
Dimas Figueroa
Philosophie und Globalisierung
Würzburg: Königshausen & Neumann 2004; 444 S.; brosch., 49,80 €; ISBN 3-8260-2463-XDer Frankfurter Philosophieprofessor Figueroa strebt eine Rekonstruktion im Habermas'schen Sinne an, mit der philosophische Theorien zergliedert, in ihren Komposita betrachtet und auf ihren sozialgeschichtlichen Kontext bezogen werden. Rekonstruiert wird die Wechselwirkung zwischen philosophischen Ideen, insbesondere deren Frage nach einer universalen Rationalität, und der Globalisierung. Diese wird einleitend als eine interdependente, erdumspannende und rechtlich unzureichend geordnete Struktur definiert. Figueroa diskutiert jedoch leider kaum seine Begriffswahl und Prämissen, sodass die philosophiegeschichtliche Darstellung klar im Vordergrund steht. Das Buch führt den Leser in die philosophischen Rationalitätskonzeptionen seit dem 16. Jahrhundert ein, ausgehend von der Problematisierung des objektiven Vernunftbegriffs. Zugleich werden Strukturverwandtschaften dieser Ideenentwicklung mit der Geschichte der - zeitgleich angesetzten - Globalisierung herausgearbeitet, wenngleich die Aussage, philosophische Ideen hätten das moderne Staatensystem hervorgebracht bzw. wirkten konstitutiv auf die globale Politik, eine Behauptung bleibt. Als Leitfaden dient hauptsächlich die umgekehrte Perspektive, wonach Globalisierung eine „zentrale Herausforderung für die praktische Philosophie ist" (19). Obwohl der Autor den Grund dieser Herausforderung per definitionem als negativ ansieht - die globalisierte Weltgesellschaft sei vom Soll-Zustand der „internationalen Rechtgemeinschaft" (15) weit entfernt - betont er doch deren Potenzial. Die Globalisierung eröffne der Menschheit die Chance, die „Universalität der Vernunft praktisch zu realisieren" (12).
Aus dem Inhalt:
I. Geschichtsphilosophische Problemlage im Vorraum der Entstehung der Globalisierung und die Rechtstheorie Francisco de Vitorias
1. Das Verhältnis der Philosophie zur sozialen Wirklichkeit im Vorraum der Entstehung der Globalisierung
2. Francisco de Vitoria: Rechtstheoretische Konsequenzen aus der Erfahrung der Globalisierung
II. Das Verhältnis der Philosophie zur Globalisierung im Rahmen der Theorie der Subjektivität
3. Die Konstruierbarkeit der Welt als Antwort auf den Zerfall der objektiven Vernunft und den Verfall der Gemeinschaft: René Descartes und Thomas Hobbes
4. Immanuel Kant. Kritische Bearbeitung unserer Epoche und philosophische Orientierung am weltbürgerlichen Horizont
5. Der unaufhebbare Naturzustand. Fichtes und Hegels Parteinahme für Hobbes gegen Kant
6. Wilhelm von Humboldts Vermittlung von Universalisierung und Individuierung und seine immanente Kritik an Kant
III. Die Globalisierung im Rahmen des nachmetaphysischen Denkens
2. Die erste Phase der Gesellschaftsphilosophie. Karl Marx, Norbert Elias und ihre jeweilige Stellungsnahme zur Weltgesellschaft
3. Die zweite Phase der Gesellschaftsphilosophie. Niklas Luhmann und die Weltgesellschaft
4. Georg Pichts Charakterisierung der Problemlage der Globalisierung und seine Philosophie der endlichen Vernunft
5. Die philosophische Stellungnahme Karl Jaspers' zur Globalisierung
IV. Auseinandersetzungen: Gegenwärtige Ansätze zu einer Regulierung der Globalisierung
Tine Hanrieder (CTH)
M. A., wiss. Assistentin, Geschwister-Scholl-Institut, LMU München.
Rubrizierung: 5.42 | 5.41 | 5.44 | 2.2 | 4.1
Empfohlene Zitierweise: Tine Hanrieder, Rezension zu: Dimas Figueroa: Philosophie und Globalisierung Würzburg: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/18996-philosophie-und-globalisierung_22043, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 22043
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M. A., wiss. Assistentin, Geschwister-Scholl-Institut, LMU München.
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