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/ 22.06.2013
Niklas Luhmann

Politische Soziologie. Hrsg. von André Kieserling

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2010; 499 S.; geb., 29,80 €; ISBN 978-3-518-58541-2
Mit Teilaspekten von Politik hat sich Luhmann seit den 60er-Jahren immer wieder befasst – so in seinen Aufsätzen über politische Planung (1971), den Studien über Legitimation (1969), Macht (1975) und den Wohlfahrtsstaat (1981) – und stets hat er dabei die traditionelle Politikwissenschaft mit der Auffassung provoziert, das Politische betreffe nur ein Teilsystem der Gesellschaft und habe längst seine früher beanspruchte Führungsrolle verloren. Gegenstand einer umfassenden Darstellung ist diese Position erst als Teil seines Spätwerks mit der posthumen Veröffentlichung von „Die Politik der Gesellschaft“ (2000) geworden. Deshalb dürfte die von Kieserling aus dem Nachlass herausgegebene, Mitte der sechziger Jahre entstandene Abhandlung, ursprünglich ein Vorlesungstext, nicht nur für Spezialisten des Luhmann’schen Werkes von großem Interesse sein. Dies vor allem, weil Luhmann hier – noch vor der Ausarbeitung seiner allgemeinen Theorie der Kommunikationsmedien – Politik in Abgrenzung zur politikwissenschaftlichen Perspektive zum Thema einer speziellen Soziologie macht, die auf die Konsistenz mit der „umfassenden Mutterwissenschaft“ (18), der Systemtheorie des Sozialen, angewiesen ist. Während die Politikwissenschaft in Entscheidungsprozessen und deren fraglicher Rationalität ihr spezifisches Thema finde, befasse sich die Soziologie mit Politik als funktional-spezifischem Handlungssystem, das aus Handlungen bzw. Rollen besteht. Dieser Explikation des soziologischen Aspekts der Politik dient der Einführung, dem eine Darstellung der strukturell-funktionalen Ausdifferenzierung des politischen Systems folgt, mündend in die relativ ausführliche Erläuterung der analytischen Unterscheidung von Politik, Verwaltung und Publikum als den drei Teilsystemen des politischen Systems. Mit diesen Handlungssystemen und den korrespondierenden Rollen hauptberuflicher Verwaltung, hauptberuflicher Politik und den teils verwaltungs-, teils politikbezogenen Publikumsrollen setzen sich dann die folgenden Kapitel in einer anregend materialreichen Form auseinander.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.46 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Niklas Luhmann: Politische Soziologie. Frankfurt a. M.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32268-politische-soziologie_38504, veröffentlicht am 07.09.2010. Buch-Nr.: 38504 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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