/ 19.06.2013
Alfred Hirsch
Recht auf Gewalt? Spuren philosophischer Gewaltrechtfertigung nach Hobbes
Paderborn: Wilhelm Fink Verlag 2004; 381 S.; kart., 44,90 €; ISBN 3-7705-3869-2Habilitationsschrift Hildesheim. - Der politische „common sense“ geht mit der Unterscheidung von legitimer und illegitimer Gewalt zumeist unausgesprochen von der Vorstellung aus, dass sich die illegitime Gewalt stets jenseits der eigenen politischen Ordnung befinde. In der Perspektive einer dekonstruktivistisch aufgeklärten Sozialphilosophie stellt diese Annahme eine tief in der neuzeitlichen Ideengeschichte verankerte Illusion dar. Hirsch verfolgt diese These in einer subtilen Analyse jener mit Hobbes einsetzenden und von Rousseau und Kant aufgenommenen Denkbewegung, die Gewalt als „Mittel politischen, sozialen und institutionellen Handelns erklärt“ (11) und damit zum modernen rationalen Rechtfertigungsdiskurs von Gewalt führt. Charakteristisch für diesen Diskurs ist eine systematische Ambivalenz, der „kaum zu entkommen ist“ (21). So impliziert die Rationalisierung von Gewalt als Mittel stets auch eine neue Sinnstiftung von Gewalt - wird im Rechtfertigungsdiskurs doch eine gerechtfertigte, damit sinnvolle Gewalt gegen eine dunkle, erste Gewalt gesetzt, die es einzudämmen oder zurückzuweisen gilt. Die Ambivalenz der rechtfertigenden Rede von Gewalt „beruht vor allem darauf, daß die moralisch und politisch beförderte Einhegung von ‚wilder' und ‚natürlicher' Gewalt selbst ihrerseits nicht nur eine gewaltstiftende Funktion einnimmt, sondern sogar mit einem ganzen Netz von Rechtfertigungsdiskursen einhergeht, die Gewaltsamkeiten in vielfältigster Form institutionalisieren und etablieren“ (343).
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.32 | 5.33
Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Alfred Hirsch: Recht auf Gewalt? Paderborn: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/20989-recht-auf-gewalt_24482, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 24482
Rezension drucken
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
CC-BY-NC-SA