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/ 09.06.2016
Alexander Schmelzer

Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand. Einsatz der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder am Maßstab der Bundestreue

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Sicherheit. Polizeiwissenschaft und Sicherheitsforschung im Kontext 7); 594 S.; brosch., 112,- €; ISBN 978-3-8487-2216-7
Diss. Deutsche Hochschule der Polizei Münster; Begutachtung: D. Kugelmann, H.‑J. Lange. – In Deutschland obliegt nach Artikel 30 GG die Polizeihoheit den Ländern. Alexander Schmelzer untersucht, inwiefern unter Notstandsbedingungen von dieser Regelung derzeit in angemessener Art und Weise abgewichen wird. Angesichts des Einsatzes der Bundespolizei zur Unterstützung der Länder, der im Rahmen der bundesrepublikanischen Bündnistreue einer Verpflichtung zur Hilfeleistung des Bundes gegenüber den Ländern und umgekehrt gleichkomme, gelte es zu fragen, ob „die bestehende Anforderungskultur der Länder den Grundgedanken der Bündnistreue konterkariert und dieser ungeschriebene und nicht sanktionierungsfähige Verfassungsgrundsatz praktisch genutzt wird, um Schwächen des Sicherheitsföderalismus kostenneutral [...] auszugleichen“ (34). Obschon, wie Schmelzer ausführt, Katastrophen‑ und Notstandslagen in Deutschland eher selten eintreten, habe der Bund seit 2001 verstärkt Vorsorge für den Einsatz entsprechender Polizei‑ und Interventionskräfte getroffen. Eine „Inanspruchnahme der Bundespolizei durch die Länder [dürfe eigentlich] nur Ausnahmecharakter haben“ (31 f.). Jedoch sei auf Seiten der Länder verstärkt die Bereitschaft zu beobachten, unabhängig von definierten Notstandslagen die Bundespolizei als „kostengünstige Alternative“ (34) zu eigenen, ständig vorzuhaltenden Polizeieinheiten anzufordern. Im Zuge einer methodologisch differenzierten Analyse, die Literaturrecherche, Akten‑ und Dokumentenanalyse ebenso umfasst wie leitfadengestützte Experteninterviews, kommt Schmelzer zu einem für die Länder verheerenden Befund: Betrachte man die gegenwärtige Lage der inneren Sicherheit, seien beinahe täglich Ausnahmesituationen durch die Sicherheitsbehörden gegeben. Lässt man außer Acht, dass Schmelzer hier mit einem nicht hinreichend geschärften Begriff des Ausnahmezustands operiert, so bleibt die Kernaussage doch bestehen. Die Länder würden ihrem „Verfassungsauftrag der Abwehr existenzbedrohender Gefahren“ (560) insofern nicht mehr gerecht, als sie den Bund immer stärker in entsprechende Gewährleistungspflichten einbezögen. Aus dieser Perspektive sei, so Schmelzer, der deutsche Sicherheitsföderalismus in eine signifikante Schieflage geraten – zu Lasten des Bundes und letztlich der Sicherheit der Bürger. Die Länder seien gefordert, wieder vergleichbar leistungsfähige Polizeieinheiten aufzubauen und dementsprechend mehr Geld in die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit zu investieren.
{LEM}
Rubrizierung: 2.3432.3252.32 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Alexander Schmelzer: Sicherheitsföderalismus im Ausnahmezustand. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39745-sicherheitsfoederalismus-im-ausnahmezustand_48080, veröffentlicht am 09.06.2016. Buch-Nr.: 48080 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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