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/ 11.06.2013
Jens Siegelberg / Klaus Schlichte (Hrsg.)

Strukturwandel internationaler Beziehungen. Zum Verhältnis von Staat und internationalem System seit dem Westfälischen Frieden

Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2000; 437 S.; brosch., 64,- DM; ISBN 3-531-13527-9
Im Mittelpunkt des Sammelbandes steht die Genese, Wandlung und Erosion des modernen Staatensystems. Als dessen Geburtsstunde gilt allgemein der Abschluss des Westfälischen Friedens im Jahre 1648. Eine aus Anlass dieses Jubiläums veranstaltete und dem Band als Vorlage dienende Vorlesungsreihe an der Universität Hamburg war gleichzeitig auch Ehrung für den 1999 emeritierten Klaus Jürgen Gantzel. Das Interesse der Herausgeber, mit ihrer Festschrift die historische Dimension des Teilbereiches Internationale Beziehungen wieder stärker in den Vordergrund zu rücken, schlägt sich in der Auswahl der Beiträge nieder. Dabei wurden über die Themen der Vortragsreihe hinaus zusätzliche Beiträge, auch von Geschichtswissenschaftlern und einem Völkerrechtler aufgenommen. Im ersten Teil werden die Grundvorstellungen internationaler Politik, wie sie sich aus der Genese des europäischen Staatensystems ergaben, behandelt. Es wird deutlich, dass sich ähnlich wie im wechselseitigen Konstitutionsverhältnis zwischen der Entstehung von Staaten und der des internationalen Systems, auch realhistorische Entwicklungen und die Modelle und Begrifflichkeiten ihrer theoretischen Behandlung wechselseitig durchdrangen. Der zweite Teil beschränkt sich auf einzelne Aspekte der Ausdifferenzierung der europäischen Staatenwelt, deren Politikmodelle und die ihnen zugrunde liegenden politischen Ideen zu gestaltenden Kräften des internationalen Systems wurden. Im dritten Teil werden vor allem jüngere Entwicklungen diskutiert. Vor dem Hintergrund der Debatte um die Globalisierung, die Erosion staatlicher Gewalt und einen allgemeinen Bedeutungsverlust des Staates wird aufgezeigt, dass die Einflechtung einer historischen Perspektive zu einer genaueren Trennschärfe bei der Bestimmung entsprechender Entwicklungen und ihren Bedeutungen führt. Nicht zuletzt haben nach Ansicht der Herausgeber die etablierten Theorien der internationalen Beziehungen an Überzeugungskraft verloren. Die sich gleichzeitig stellenden Fragen nach den Ursprüngen und Wandlungen des internationalen Systems, nach den Veränderungen des Verhältnisses zwischen ökonomischen, politischen und kulturellen Strukturen sind bisher kaum behandelt worden. Der Versuch, mit dem Band diese Lücke weiter zu füllen, kann als gelungen betrachtet werden. Inhalt: Jens Siegelberg: Staat und internationales System - ein strukturgeschichtlicher Überblick (11-56). Grundlagen und Leitvorstellungen: Ekkehart Krippendorff: Die Erfindung der Außenpolitik (61-73); Heinz Duchhardt: Grundmuster der internationalen Beziehungen in der Frühen und Späten Neuzeit (74-85); Peter Nitschke: Grundlagen des staatspolitischen Denkens der Neuzeit: Souveränität, Territorialität und Staatsraison (86-100). Entwicklung und Differenzierung: Holger Th. Gräf: Funktionsweisen und Träger internationaler Politik in der Frühen Neuzeit (105-123); Udo Bermbach: Über bürgerliche Politikauffassungen (124-139); Dietrich Jung: Gewaltkonflikte und Moderne. Historisch-soziologische Methode und die Problemstellungen der Internationalen Beziehungen (140-166); Bruno Schoch: Nationalismus - Überlegungen zur widersprüchlichen Erfolgsgeschichte einer Idee (167-193); Gustav Schmidt: Nationalstaat, Weltmarkt und imperiale Expansion. Zum Verhältnis von Politik und Ökonomie im 19. Jahrhundert (194-216); Hans-Hermann Hartwich: Vom absolutistischen Staat zum europäischen Mehrebenensystem. Souveränität und Gewaltmonopol in Deutschland (217-230); Michael Brzoska: Staat und internationales System im kurzen 20. Jahrhundert (231-252). Erosion und Perspektiven: Klaus Schlichte: Staatsbildung und Staatszerfall in der "Dritten Welt" (260-280); Lothar Brock: Modernisierung und Entgrenzung. Zwei Perspektiven der Weltgesellschaft (281-303); Lars Brozus: Globale Konflikte im 21. Jahrhundert: Deutungen internationaler Politik nach der Bipolarität (304-322); Rainer Tetzlaff: Staatenwelt und Demokratie. Zur Transformation der Demokratie durch Globalisierung (323-349); Dirk Messner: Globalisierung und Global Governance - Entwicklungstrends am Ende des 20. Jahrhunderts (350-377); Hermann Weber: Paradigmenwechsel im Völkerrecht? Die Frage der Legalität der NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien unter dem Gewaltverbot der UN-Charta (378-416); Dieter Senghaas: "Konstruktiver Pazifismus" - eine Vision für das 21. Jahrhundert (417-430); Ulrich Albrecht: Klaus Jürgen Gantzel - eine wissenschaftlich-biographische Skizze (431-436).
Thomas Henzschel (TH)
Dr., Auswärtiges Amt, Arbeitsstab Iran.
Rubrizierung: 4.12.22.214.24.3 Empfohlene Zitierweise: Thomas Henzschel, Rezension zu: Jens Siegelberg / Klaus Schlichte (Hrsg.): Strukturwandel internationaler Beziehungen. Wiesbaden: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/9347-strukturwandel-internationaler-beziehungen_15269, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15269 Rezension drucken
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