Skip to main content
/ 03.06.2013
Helmut Willke

Supervision des Staates

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1997; 380 S.; 48,- DM; ISBN 3-518-58241-0
Das Buch schließt nach der Entzauberung des Staates und der Ironie des Staates (siehe ABP 3/96: 922) die Reihe des Autors zur Staatstheorie ab. Hierbei geht es um die Entstehung einer Wissensgesellschaft und die Auswirkungen der Exterritorialisierung der Gesellschaft durch Globalisierung, Digitalisierung und Vernetzung (7). Die zentralen Fragen lauten, mit welchen Leistungen die Politik und in welcher Funktion der Staat diesen sozietalen Diskurs mitgestalten oder auch gefährden kann, denn die bisher nationalstaatlich definierten Politiksysteme laufen Gefahr, ihr durchaus noch vorhandenes Steuerungspotential kontraproduktiv einzusetzen (8). Bevor sich der Staat zum Supervisor der gesellschaftlichen Funktionssysteme durchsetzen kann, muß er sich selbst einer Supervision durch diese Systeme unterwerfen (306). "Ein supervisorisches Steuerungsregime ist dadurch gekennzeichnet, daß die Richtung der Selbststeuerung weder beliebig noch pfadgebunden evolutionär ist, sondern aktiv geleitet von der Vision einer zukünftigen viableren Form von Gesellschaft." (12) Willke sieht mit dem Heraufkommen einer Wissensgesellschaft nicht auch eine Weltgesellschaft entstehen, sondern Gesellschaften bleiben nach wie vor territorial und normativ delimitierte Einheiten sozialer Selbstorganisation (8). Das zentrale Problem zukünftiger Steuerungsregime (Supervisionsregime) bilden kognitive Dissonanzen in und zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Systemen (13). Für den Staat bedeutet dies eine Zurücknahme auf die Kernkompetenzen und für die Politik die Praxis des Prinzips der horizontalen Subsidiarität, in der die "Politik als heterarchisch gleichgeordnetes Funktionssystem keine Aufgaben usurpiert, welche von einem fachlich zuständigen (funktional spezialisierten) System selbst wahrgenommen werden kann" (308). Willke stellt die Entstehung einer Wissensgesellschaft unter den Gesichtspunkten der Systemtheorie anschaulich und verständlich dar. Es werden weniger die konkreten Entwicklungsformen als vielmehr die Strukturen und Funktionsweisen zukünftiger Gesellschaften beschrieben. Diese lassen aber die Voraussetzungen und die Notwendigkeit einer Anpassung der Politik innerhalb der verschiedenen Gesellschaften an die oft beschriebenen Globalisierungstendenzen deutlich werden.
Thomas Morick (TM)
Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.215.4 Empfohlene Zitierweise: Thomas Morick, Rezension zu: Helmut Willke: Supervision des Staates Frankfurt a. M.: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/3054-supervision-des-staates_3990, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 3990 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA