Die europäische Revolutionsepoche von 1848/49 ist wesentlich gekennzeichnet durch die komplexe Vermischung von einerseits rationalen politischen Zielen sowie sozialen Forderungen und andererseits der Dynamik kollektiver Erinnerungen, Mythen und Symbole. Die zum Teil bewußt inszenierte Verschmelzung von Vergangenheit und Gegenwart charakterisierte Marx als "weltgeschichtliche Totenbeschwörung" (Götz von Olenhusen [10]). Die Frage der nationalen Identität, die Rolle politischer Propaganda und des intellektuellen Diskurses sowie die Dynamik zwischen politischen Eliten und dem Aufbegehren des vierten Standes wurden maßgeblich durch die Vorbilder und Schreckbilder von 1789/92 bestimmt. Die Beiträge verfolgen jedoch nicht nur die Tragweite, sondern auch die Grenzen symbolischer Ressourcen sozialer Integration und Interaktion für die verschiedenen Revolutionsräume von 1848/49 bis hin zum Sieg der Gegenrevolution, mit dem die Erinnerung an die große Französische Revolution schließlich ihre Bedeutung als handlungsleitenden Mythos verlor. Inhalt: Daniel Mollenhauer: Nur eine Imitation? 1848/49 in Frankreich (19-38); Thomas Kroll: Das "jakobinische Italien". Demokraten und Republikaner in der Revolution von 1848/49 (39-62); Jonathan Sperber: Germania mit Phrygiermütze. Zur politischen Symbolik der Revolution von 1848/49 in den Rheinlanden (63-80); Irmtraud Götz von Olenhusen: 1848/49 in Baden. Traum und Trauma der Französischen Revolution (81-113); Peter Kurth / Birgitt Morgenbrod: Wien 1848 und die Erinnerung an die Französische Revolution von 1789 (114-133); Wolfgang Schwentker: Die Erben Edmund Burkes. Der europäische Konservativismus in den Revolutionen von 1848/49 (134-152).