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/ 05.06.2013
Tobias Robischon

Telekommunikationspolitik im deutschen Einigungsprozeß. Steuerung und Eigendynamik sektoraler Transformation

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 1999 (Schriften des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung 35); 254 S.; 68,- DM; ISBN 3-593-36110-8
Diss. FU Berlin. - Ein wesentlicher Befund der sozialwissenschaftlichen Transformationsforschung - also jener mittlerweile nahezu flächendeckend durchgeführten Analysen über Formen und Folgen des West-Ost-Transfers von Institutionen, Ressourcen und Fachpersonal - besteht in der Einsicht in die hohe sektorale Unterschiedlichkeit von Transformationsprozessen. Neben vielen sei es im Tempo, sei es in den Ergebnissen enttäuschenden Verläufen gibt es auch erfolgreiche Prozesse, die relativ geradlinig und rasch die gesteckten strategischen Ziele erreichen; zu diesen zählt der Autor den Transformationsprozeß des ostdeutschen Telekommunikationssektors und er sieht sich deshalb mit der Herausforderung konfrontiert, "nicht unerwartetes Versagen, sondern unerwarteten Erfolg erklären zu müssen" (13). Methodisch handelt es sich bei der Untersuchung um eine explorativ angelegte Fallstudie, die sich - auf der Basis von Experteninterviews sowie der Auswertung von Presseveröffentlichungen und interner Dokumente - auf die Analyse der einschlägigen Ereignisse zwischen November 1989 und Mitte 1991 konzentriert (99 ff.). Vorangestellt ist eine Rekonstruktion der Entwicklung der west- und ostdeutschen Telekommunikationssektoren seit 1945 (24 ff.). Theoretisch folgt sie dem Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus, der in Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf (Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung/Köln) seine namhaftesten Vertreter hat. Das Erklärungsproblem besteht demzufolge darin, sektorale Entscheidungsprozesse und Politikergebnisse als besondere Verschränkung von institutionellen Regelungen, Akteursstrategien und - speziell für diesen Fall - technischen Infrastruktursystemen plausibel zu machen (17 ff.). Robischons Studie ist sowohl in ihren materiellen Resultaten als auch in der Durchführung ein überzeugendes Beispiel für die Fruchtbarkeit der "neuen Kölner Schule". Aus dem Inhalt: 1. Analyse sektoraler Transformationsprozesse: 1.1 Telekommunikation - ein Fall geglückter Einheit; 1.2 Zum analytischen Ansatz; 1.3 Die Studie. 2. Das Verhältnis der deutschen Telekommunikationssektoren von 1945 bis 1989: 2.1 1945 bis Mitte der sechziger Jahre: Systemteilung analog zur Teilung Deutschlands; 2.2 Mitte der sechziger Jahre bis 1974: Neuregelung der institutionellen und technischen Verhältnisse; 2.3 1974 bis 1989: Ausbau der technischen Verbindungen geprägt von den innerdeutschen Beziehungen; 2.4 Die Entwicklung des Verkehrsaufkommens im innerdeutschen Telefonverkehr von 1947 bis 1989; 2.5 Telefonverkehr als Spiegel der Deutschlandpolitik. 3. Die Telekommunikationssektoren von DDR und BRD: 3.1 Systemgegensatz oder deutsch-deutsche Verwandtschaft?; 3.2 Akteurkonstellationen in Ost und West; 3.3 Technische Basis der sektoralen Leistungsstruktur; 3.4 Der Status quo ante. 4. Vom Telefonstau zur Postunion - November 1989 bis März 1990: 4.1 Die technischen Ausgangsprobleme: Netzüberlast; 4.2 Problemlösungsversuche mittels tradierter Handlungsstrategien; 4.3 Technische Ansätze zur Problemlösung; 4.4 Gesamtdeutsche Einheitlichkeit als technische Ideallösung. 5. Vorbereitung auf die Einheit - März 1990 bis Oktober 1990: 5.1 Eine neue Aufgabe: Netzausbau auf Westniveau; 5.2 Zentral gesteuerte Vorbereitungen auf die Vereinigung; 5.3 Übernahme des Kombinats Nachrichtenelektronik; 5.4 Beschleunigung des Ausbaus durch Liberalisierung? 5.5 Einigung zwischen zentraler Steuerung und Eigendynamik. 6. Beschleunigung unter Druck - Oktober 1990 bis Juli 1991: 6.1 Noch immer nicht erreicht: Bewältigung der Überlastprobleme; 6.2 Problemlösung unter Drohung institutioneller Änderungen zu Lasten der DBP Telekom; 6.3 Der letzte Kraftakt des Monopols. 7. Voraussetzungen und Determinanten sektoraler Transformation: 7.1 Zur Bedeutung des Status quo ante; 7.2 Determinanten des Transformationsprozesses.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3432.333 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Tobias Robischon: Telekommunikationspolitik im deutschen Einigungsprozeß. Frankfurt a. M./New York: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6437-telekommunikationspolitik-im-deutschen-einigungsprozess_8746, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 8746 Rezension drucken
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