/ 03.06.2013
Volker Kunz
Theorie rationalen Handelns. Konzepte und Anwendungsprobleme
Opladen: Leske + Budrich 1997; 333 S.; 48,- DM; ISBN 3-8100-1669-1Die Theorie rationalen Handelns wird seit einiger Zeit in der Analyse mikropolitischer Prozesse immer beliebter. Sie besitzt mit ihrer traditionellen Konzeption des "homo oeconomicus" ein einfaches Konzept für die Formulierung handlungsleitender Variablen. Ihre allgemeine Anwendbarkeit bietet die Chance eines integrativen Forschungs- und Erklärungsprogramms, das die heute ausdifferenzierten Sozialwissenschaften wieder zusammenführen könnte.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Theorie rationalen Handelns als empirisches Erklärungskonzept zu diskutieren und damit eine Anreicherung der theoretischen Grundlagen empirischer Sozialwissenschaft zu leisten.
Die vorliegende Arbeit erläutert zunächst ausführlich die Begrifflichkeiten, die Aussagekraft und die Grundlagen der Theorie rationalen Handelns. Sodann geht sie auf die grundlegenden Probleme der Anwendung und Operationalisierbarkeit sowie die möglicherweise auftretenden erkenntnistheoretischen Probleme ein. Schließlich wird die Anwendung der Theorie rationalen Handelns als sozialwissenschaftliche Handlungslehre sowie ihre Verbindung mit sozial- und kognitionspsychologischen Forschungen diskutiert und ein integriertes Konzept der Handlungsregulation entworfen.
Der Verfasser bietet somit einen umfassenden Überblick über die Theorie rationalen Handelns als empirische Forschungsstrategie der Sozialwissenschaften, faßt ansonsten vereinzelt vorfindbare Ergebnisse des Ansatzes zusammen und entwickelt eine Synthese, die für künftige handlungstheoretisch orientierte Forschung in der Sozialwissenschaft richtungsweisend sein könnte. In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung der Theorie rationalen Handelns kann der Band auch als Lehrbuch für politikwissenschaftliche Lehre und Studium von großem Nutzen sein.
Inhalt: 2. Begriffs- und Perspektivenklärungen; 3. Die Mikroabteilung kollektiver Explananda: Grundlagen der handlungstheoretischen Modellierung sozialer Prozesse: 3.1. Leitlinien der Mehrebenenmodellierung; 3.2. Transformationsbedingungen. 4. Handlungstheorie in der Mehrebenenanalyse: Die Formulierung der Theorie rationalen Handelns: 4.1. Konzeptionelle und methodologische Prämissen; 4.2. Varianten der Formalisierung: Hinweise zur funktionalen Präzisierung der Auswahl- und Gestaltungsannahmen. 5. Anwendungsprobleme: Die Bestimmung der Anfangsbedingungen in der Theorie rationalen Handelns und die Konsequenzen für die empirische Analyse: 5.1. Partialtheoretische Konfigurationen: Homo Oeconomicus- und Homo Sociologicus-Ansätze; 5.2. Empirische Spezifikation: Die Anwendung der Theorie in der quantitativen Sozialforschung: 5.2.1. Die Präzisierung der Handlungsalternativen, die Ermittlung der Handlungskonsequenzen und das Prinzip der Kompatibilität; 5.2.2. Die Skalierung der Variablen und das Problem der Interaktion; 5.2.3. Analytisch wahre Handlungserklärungen? 6. Diskussion: Zur Realistik und Abstraktheit der Annahmen in empirischen Erklärungen sozialen Handelns: 6.1. Bedeutungsvariationen und Möglichkeiten der Falsifikation; 6.2. Erfahrungswissenschaftliche Orientierungsprobleme und der nicht-repräsentative Realismus. 7. Instrumentalitätstheoretische Entwicklungen und die Idee der sozialen 'Produktionsfunktionen': Elemente der differenzierten Modellierung kognitiver Repräsentationen und wirksamer Restriktionen im Rahmen der Theorie rationalen Handelns; 7.1. Das Konzept der Handlungsveranlassung: 7.1.1. Die Grundstruktur der Theorie geplanter Handlungen; 7.1.2. Hinweise zur empirischen Anwendung; 7.1.3. Defizite und Variationen; 7.2. Der sozial-kognitive Ansatz: Sozialkontingente Handlungspfade: 7.2.1. Das Streben nach Wohlbefinden; 7.2.2. Wohlbefinden und Bedürfnisbefriedigung; 7.2.3. Sozialstruktur, Kultur und rationale Wahl: Die Erzeugung des Wohlbefindens im sozialen Verbund. 8. Prozesse der individuellen Informationsverarbeitung und das Problem habituellen Handelns: Grundlagen individueller Muster- und Taktikrationalität; 8.1. Musterung, automatisierte Überlegensprozesse und repetitives Handeln; 8.2. Zur Differenzierung von kompetenz- und performanztheoretischen Aspekten in der Theorie rationalen Handelns. 9. Zusammenfassung, Ausblick und ein integriertes Konzept der Handlungsregulation.
Patricia Bauer (PB)
Dr., Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 2.21 | 5.4 | 5.2
Empfohlene Zitierweise: Patricia Bauer, Rezension zu: Volker Kunz: Theorie rationalen Handelns. Opladen: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2309-theorie-rationalen-handelns_2831, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 2831
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Dr., Politikwissenschaftlerin.
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