/ 22.06.2013
Otfried Höffe
Thomas Hobbes
München: C. H. Beck 2010 (Beck'sche Reihe 580: Denker); 251 S.; 14,95 €; ISBN 978-3-406-60021-0Mit dieser Einführung zum wichtigsten politischen Denker der frühen Neuzeit gelingt Höffe eine vortreffliche Überblicksdarstellung, die im deutschsprachigen Raum ihresgleichen sucht. In drei Abschnitten werden Hobbes Lebensweg und seine philosophische Entwicklung, sein enzyklopädisches Werk sowie seine Wirkungsgeschichte bündig referiert. Der Autor konzentriert sich nicht allein auf die zweifellos im Mittelpunkt stehende Staatsphilosophie, sondern behandelt gleichermaßen die Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie, Anthropologie, Theologie und Geschichtsphilosophie. Mit dieser umfassenden Darstellung umgeht Höffe damit den Fehler vieler politikwissenschaftlicher Einführungstexte, die schlagwortartig kursierende Fehlurteile – v. a. im Bereich der Anthropologie und Religion – unkritisch aufleben lassen. Höffe räumt ein, dass er Hobbes nicht im Kontext seiner Zeit diskutieren, sondern ihn auch aus einer allgemein philosophischen Fragestellung – „Warum brauchen wir einen Staat?“ und „Worin besteht seine angemessene Grundstruktur?“ (25) – würdigen will. Diese Perspektive mag irritieren, weil Höffe unter Angemessenheit das moralphilosophische Problem der Gerechtigkeit sieht, wo Hobbes ausschließlich ein politisches erkennt, was dann der Autor ebenso monieren kann wie dessen mangelnde Erörterung liberaler Freiheiten und eines Systems von Checks and Balances. Die naheliegende Frage, ob die vorhandenen zeitgenössischen politiktheoretischen Alternativen plausibler erscheinen, spielt für Höffes systematische Perspektive keine große Rolle. Dieses an Aristoteles, Kant und Rawls orientierte Vorgehen ließe sich zwar als zu philosophisch-spekulativ kritisieren, aber letztlich unterliegt jede Interpretation den eigenen Prämissen. Dies zeigt sich gerade an der Hobbesrezeption, bei der sich Höffe leider zu sehr auf die deutschsprachige Diskussion konzentriert und diese in den Sechzigerjahren enden lässt, mehr als deutlich. Selbst wenn man Höffe in nur wenigen Punkten seiner Interpretation folgen würde, veranschaulicht er, dass Hobbes nichts an Aktualität eingebüßt hat.
Frank Schale (FS)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.32
Empfohlene Zitierweise: Frank Schale, Rezension zu: Otfried Höffe: Thomas Hobbes München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32235-thomas-hobbes_38467, veröffentlicht am 02.06.2010.
Buch-Nr.: 38467
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
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