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/ 17.06.2013
Sigrid Biskupek

Transformationsprozesse in der politischen Bildung. Von der Staatsbürgerkunde in der DDR zum Politikunterricht in den neuen Ländern

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2002 (Studien zu Politik und Wissenschaft); 225 S.; 23,60 €; ISBN 3-87920-468-3
Diss. Gießen; Gutachter: W. Sander. - Die Transformation der politischen Bildung in den neuen Bundesländern ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie das System der DDR gekippt und neue Strukturen etabliert wurden - und warum diese den westlichen Beispielen folgen. Die Autorin weist nach, dass es bereits seit 1988 Vorschläge aus der Bevölkerung für eine Bildungsreform an die Antragskommission des Pädagogischen Kongresses der DDR gegeben hat. Dabei wurden vor allem eine Entideologisierung der Bildung sowie eine ganzheitliche Betrachtung der Schüler und eine Stärkung ihrer Subjektposition gefordert. Doch da "eine Entideologisierung des Schullalltags die Aufgabe des Konzepts zur Erziehung sozialistischer Persönlichkeiten bedeutet" (23) hätte, wurden diese Vorschläge nicht veröffentlicht, im Gegenteil. 250 Eingaben wurden sogar mit dem Vermerk "MfS" versehen. Nach der Wende waren es ostdeutsche Reformkräfte, die Änderungen für den politischen Unterricht vorschlugen. Die Erarbeitung der neuen Rahmenpläne sei dann aber von Staatsbürgerdozenten dominiert worden, so die Autorin, die keine alternativen Konzepte zur Umgestaltung des politischen Unterrichts gehabt hätten. Außerdem musste der Politikunterricht an den Schulen "mit kaum oder gar nicht qualifizierten Lehrern aufgebaut werden" (184). Das Erreichen eines internationalen Standards in der Politikwissenschaft, mit dem die künftige Lehrerausbildung auf eine solide Basis gestellt werden konnte, sei nur durch eine Übernahme der westdeutschen Strukturen möglich gewesen. "Die Berufung westdeutscher Politikwissenschaftler war die Regel, die Ausnahme die Übernahme ostdeutscher wissenschaftlicher Mitarbeiter." (184) Die Reform der politischen Bildung habe sich so in einem Spannungsverhältnis von Demokratisierung und Kolonialisierung vollzogen. Inhaltsübersicht: B. Die Transformation der politischen Bildung in der DDR im Spiegel von Dokumenten: 1. Zur Schulsituation im Herbst 1989; 2. Von Reformversuchen der Staatsbürgerkunde zur Gesellschaftskunde; 3. Zur Aus- und Weiterbildung von Gesellschaftskundelehrern; 4. Einfluss westdeutscher Akteure auf die Entwicklung der Gesellschaftskunde. C. Die Transformation der politischen Bildung in der DDR im Spiegel von retrospektiven Befragungen: 1. Lehrer im Umgestaltungsprozess des Schulsystems; 2. Umgestaltung des Schulsystems aus der Schülerperspektive. D. Der Transformationsprozess in der politischen Bildung - eine zusammenfassende Betrachtung: 1. Dokumentenwirklichkeit und subjektive Erinnerungen; 2. Demokratisierung oder Kolonialisierung? Zur Rolle ost- und westdeutscher Akteure im Transformationsprozess der politischen Bildung; 3. Ausblick - Politische Bildung in den neuen Ländern nach 1990.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.352.3152.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Sigrid Biskupek: Transformationsprozesse in der politischen Bildung. Schwalbach/Ts.: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16397-transformationsprozesse-in-der-politischen-bildung_18828, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 18828 Rezension drucken
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