Mit dem Begriff der "umkämpften Vergangenheit" weisen die beiden Herausgeber auf die politische Dimension von Geschichte und Geschichtswissenschaft hin. Die Debatte um Geschichtspolitik wird keineswegs mehr nur noch von Historikern geführt, da das politische Interesse an der Analyse und Interpretation von Geschichte unübersehbar ist. Allein schon die bewußte Selektion von Ereignissen, Zahlen und Personen im historischen Diskurs bedeutet Instrumentalisierung und damit Mobilisierung. Deutlich werden solche Prozesse gegenwärtig ganz besonders auf dem Balkan in der Rezeption des Kosovo-Mythos, aber auch in der Europapolitik und der Auseinandersetzung um die europäische Zukunft. Dieser Band liefert in vier großen Abschnitten Beispiele für solche Geschichtsbilder, den Umgang mit ihnen und Analysen ihrer Wirkungsprinzipien. Inhalt: I. Deutschland - Die Last der Geschichte: Peter Steinbach: Postdiktatorische Geschichtspolitik. Nationalsozialismus im deutschen Geschichtsbild nach 1945 (17-40); Stefan Wolle: "Mutmaßungen" über das Jahr 1956. Wahrnehmungen des Ungarnaufstandes in Gesellschaft und Literatur der DDR (41-54); Edgar Wolfrum: Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1989. Phasen und Kontroversen (55-81); Petra Bock: Vergangenheitspolitik in der Revolution von 1989 (82-100). II. Ungarn - Die Macht der Geschichte: János Bak: Die Mediävisierung der Politik im Ungarn des 19. und 20. Jahrhunderts (103-113); Csilla Machos: Wem gehört "1956"? Die Auseinandersetzung der Parteien im postsozialistischen Ungarn um Erbe und Erben der Revolution (114-142); Fernec Köszeg: 1956 - Eine Revolution, geprägt nach unserem eigenen Bild (143-155). III. Europa - Die Suche nach der Geschichte: Rudolf Speth: Europäische Geschichtsbilder heute (159-175); Alan Warburton: Britische Ambivalenzen gegenüber Europa oder die nicht vergehende Erinnerung an ein goldenes Zeitalter (176-189); Hanne Stinshoff: Welches Europa soll es sein? Europäische Geschichtsbilder im okkupierten Frankreich 1940-1944 (190-209); Wolfgang Höpken: Vergangenheitspolitik im sozialistischen Vielvölkerstaat: Jugoslawien 1944 bis 1991 (210-243). IV. Die globale Dimension - Das Recht in der Geschichte: Gerd Hankel / Gerhard Stuby: Die Aufarbeitung von Verbrechen durch internationale Strafgerichte (247-268); Gerhard Werle: Neue Wege. Die südafrikanische Wahrheitskommission und die Aufarbeitung von schweren Menschenrechtsverletzungen (269-289); Thomas Rohkrämer: Geschichte zwischen Macht und Recht - Neuseeland und das Waitangi Tribunal (290-301).