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/ 05.09.2013
André Brodocz / Stefanie Hammer (Hrsg.)

Variationen der Macht

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Schriftenreihe der Sektion Politische Theorien und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft 25); 280 S.; brosch., 44,- €; ISBN 978-3-8329-7006-2
Zweifellos ist Macht für die Politikwissenschaft beides: zentraler Gegenstand wie wesentlicher Grundbegriff. Allerdings ist das politikwissenschaftliche Reden über Macht in der Regel mit dem Eingeständnis verknüpft, es gebe keine hinreichend konsistente Machttheorie. Davon weichen die Autor_innen der Beiträge des Bandes nicht ab; je nach Perspektive wird dieser Umstand beklagt – so von Andreas Anter – oder wie von Maik Herold auf die jeweilige Beobachterposition zurückgeführt. Indes darf das im Kontext des Machtbegriffs vorhandene breite Spektrum von Definitionen und Bezügen nicht wirklich überraschen, sind doch die Vorstellungen von Macht stets mit spezifischen Vorstellungen von Politik verknüpft (Holger Straßheim). Löst man sich jedoch von der vermeintlichen Vorgabe, unterschiedliche theoretische Ansätze integrieren oder hierarchisieren zu müssen, dann eröffnet sich – wie Renate Martinsen an einer Gegenüberstellung von Niklas Luhmann und Michel Foucault zeigt – die Möglichkeit, gerade durch eine polykontexturale Kontrastierung konzeptioneller Differenzen „die blinden Flecken des jeweils anderen Theorieansatzes weitgehend ausleuchten“ (70) zu können. Aber trotz der unübersehbaren Pluralität begrifflicher Vorschläge und metatheoretischer Rahmungen gibt es eine Reihe vergleichbarer Bezugspunkte der in den Beiträgen geführten Machtdiskussion. Diese lassen sich teils theoriegeschichtlich markieren mit der Anknüpfung an der instrumentell‑strategischen Auffassung Max Webers, dem kommunikativen Machtbegriff Hannah Arendts oder einer konstruktivistischen Perspektive wie bei Luhmann oder auch Foucault. Teils bestehen die Gemeinsamkeiten im Aufgreifen von Unterscheidungen, die systematische Fragestellungen repräsentieren – das gilt namentlich für die von Hanna Pitkin vorgeschlagene Differenz zwischen Macht als (individueller) Handlungskapazität (power to) und Macht über andere (power over) beziehungsweise deren Modifikation als transitiver und intransitiver Macht durch Gerhard Göhler. Lesenswert ist der aus einer 2010 durchgeführten Tagung der Sektion Politische Theorie und Ideengeschichte hervorgegangene Band, weil er in den begrifflichen Variationen von Macht zugleich das aktuelle Spektrum politischer Theorie spiegelt.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: André Brodocz / Stefanie Hammer (Hrsg.): Variationen der Macht Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36132-variationen-der-macht_43428, veröffentlicht am 05.09.2013. Buch-Nr.: 43428 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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