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/ 22.06.2013
Ralph Jessen / Hedwig Richter (Hrsg.)

Voting for Hitler and Stalin. Elections Under 20th Century Dictatorships

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2011; 349 S.; kart., 39,90 €; ISBN 978-3-593-39489-3
Wahlen und Diktaturen scheinen gegensätzliche Begriffe zu sein, die einander vollständig ausschließen. Doch in vielen diktatorischen Herrschaftssystemen werden Wahlen abgehalten. Die Autoren betrachten diesen vermeintlichen Gegensatz näher. Im Mittelpunkt stehen dabei die Diktaturen des nationalsozialistischen Deutschlands und der Sowjetunion. Werner Patzelt beleuchtet im Allgemeinen den Sinn von Wahlen in Diktaturen. Bezeichnend ist vor allem, dass auch in ihnen der Reiz der demokratischen Legitimation zum Tragen kommt. Es gilt hier als erstrebenswert, von den Bürgern per Abstimmung im Herrschaftsanspruch bestätigt zu werden. Jedoch soll dabei naturgemäß ausgeschlossen werden, dass eine tatsächliche Abwahl erfolgen könnte – gemäß des berühmten Ausspruchs von Walter Ulbricht: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“ (vgl. 129) Markus Urban hat die Wahlen in der Zeit des Nationalsozialismus näher untersucht. Zunächst wurden die Wahlen formell weiterhin den Prinzipien der Weimarer Republik entsprechend abgehalten, wenn auch Maßnahmen der Einschüchterung zusehends gesteigert wurden. Trotz der zunehmenden Einschränkungen ergab die Reichstagswahl von 1934, die kurz nach dem Tode Hindenburgs abgehalten wurde, eine Ernüchterung für das Regime. Mit 89,9 Prozent erreichte die NSDAP fünf Prozentpunkte weniger als im November 1933. Entgegen aller staatlichen Maßnahmen haben sich doch mehr Bürger der Gefahr ausgesetzt, mit dem Stimmzettel Kritik an den Nationalsozialisten zu üben. Hitler verwarf daraufhin seinen Plan, eine jährliche Abstimmung zur Legitimierung seiner Herrschaft abzuhalten. Nur noch zu besonderen Anlässen, die eine positive Haltung garantierten, wie etwa die Rheinlandbesetzung 1936 oder der Anschluss Österreichs, wurden Reichstagswahlen durchgeführt. Auch in der Sowjetunion, wie Stephan Merl beschreibt, sollten Wahlen vor allem die Einheit zwischen Volk und Regime, sowohl nach innen als auch nach außen, verdeutlichen. Die Wahl wurde als ein patriotischer Akt wahrgenommen, mit dem jedoch kein tatsächlicher politischer Einfluss ausgeübt werden konnte. Es handelte sich vielmehr um eine routinierte Akklamation des Regimes.
Arne Arps (AA)
M. A., Doktorand der Politikwissenschaft, Universität Vechta.
Rubrizierung: 2.252.3122.622.612.682.22 Empfohlene Zitierweise: Arne Arps, Rezension zu: Ralph Jessen / Hedwig Richter (Hrsg.): Voting for Hitler and Stalin. Frankfurt a. M./New York: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34673-voting-for-hitler-and-stalin_41672, veröffentlicht am 23.02.2012. Buch-Nr.: 41672 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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