/ 20.06.2013
Christian Geulen
Wahlverwandte. Rassendiskurs und Nationalismus im späten 19. Jahrhundert
Hamburg: Hamburger Edition 2004; 411 S.; geb., 35,- €; ISBN 3-930908-95-6Geschichtswiss. Diss. - Geulen analysiert das Zusammenwirken von Rassendiskurs und Nationalismus in Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts. Der Autor versteht Nation in Anlehnung an den konstruktivistischen Ansatz von Benedict Anderson als eine imaginierte politische Gemeinschaft und Nationalismus als eine Umsetzung beziehungsweise „Praxis“ dieser Vorstellung. Geulen stützt sich daneben auf Michel Foucaults Konzept der „Biomacht“. Foucault sah die Bevölkerung des 19. Jahrhunderts als das „biopolitische“ Objekt des Staates, mit dem ein Wissen zu ihrer Sicherung, Erhaltung und Optimierung entstanden sei. Der Autor vertritt die These, dass der Rassendiskurs im 19. Jahrhundert „keine Radikalisierung des Nationalismus im Sinne einer Intensivierung nationalen Bewusstseins“ mit sich brachte, sondern seine Radikalität „in der [...] Umdeutung der Nation zu einem biopolitischen Programm“ bestand (30). Zu diesem Zweck zeichnet Geulen die Geschichte der rassenbiologischen Konzepte und Theorien und ihres Einflusses auf den wachsenden Nationalismus in Deutschland um 1900 nach. Er untersucht Formen der Rezeption und Anwendung rassentheoretischer Vorstellungen zur Begründung nationaler Zugehörigkeit und zur Bestimmung der deutschen Nation. Im letzten Schritt stellt der Autor Nation und Rasse in einen Zusammenhang mit den imperialistischen Bestrebungen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Geulen weist hier auf die „Rolle der Rassendiskurse als Vermittler nationaler Integration und imperialer Expansion“ hin (14).
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.23 | 2.311 | 2.64
Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Christian Geulen: Wahlverwandte. Hamburg: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/22592-wahlverwandte_25776, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 25776
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Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
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