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/ 21.06.2013
Marius R. Busemeyer

Wandel trotz Reformstau. Die Politik der beruflichen Bildung seit 1970

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2009 (Schriften aus dem Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung 65); 252 S.; kart., 32,90 €; ISBN 978-3-593-38866-3
Lange Zeit galt das deutsche Modell dualer Ausbildung mit seiner normativen Ausrichtung auf die betriebliche Ausbildung als Stärke des rheinischen Kapitalismus, sicherte es doch einen durchschnittlich hohen Qualifikationsstand der Arbeitnehmer und eine im internationalen Vergleich relativ geringe Jugendarbeitslosigkeit. Kritiker allerdings halten das duale System für ein Auslaufmodell und beklagen die mangelnde Reformfähigkeit der beruflichen Bildung. Seit Jahren sinkt die Ausbildungsbereitschaft von Unternehmen, finden zumal Jugendliche mit schwachen Schulqualifikationen keine Ausbildungsplätze und der Anteil staatlicher Finanzierung der beruflichen Bildung steigt. Von diesen Tendenzen ausgehend, will der Autor diese vielfach beschworene Immobilitätsthese durch eine Analyse der Berufspolitik seit den 70er-Jahren relativieren. Den konzeptionellen Rahmen der Studie bildet die politische Ökonomie; anders als in berufspädagogischen oder arbeitsmarkttheoretischen Ansätzen erhalten damit Interessenkonflikte, Institutionen und die Eigendynamik komplexer Sozialsysteme ein hohes Gewicht in der Interpretation der Prozesse. Der Autor zeichnet zunächst – darin den Stand der Berufsbildungsforschung aufgreifend – die Entwicklung des deutschen Berufsbildungssystems empirisch nach. Breiten Raum nimmt dann – auf der Basis von Dokumentenanalysen und Experteninterviews – die Rekonstruktion der einschlägigen berufsbildungspolitischen Debatten ein. Vor diesem Hintergrund entwickelt der Autor abschließend den systematischen Zusammenhang zwischen der Berufsbildungspolitik und dem Wandel der Arbeitsbeziehungen. Dabei sind folgende Tendenzen zentral: der abnehmende Organisationsgrad von Kapital und Arbeit, die Dezentralisierung der Tarifpolitik, die zunehmende Segmentierung von Interessen und als Konsequenz der Rollenwandel des Staates vom korporatistischen Vermittler zum autoritativen Streitschlichter.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.343 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Marius R. Busemeyer: Wandel trotz Reformstau. Frankfurt a. M./New York: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/31064-wandel-trotz-reformstau_36934, veröffentlicht am 21.10.2009. Buch-Nr.: 36934 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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