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/ 22.06.2013
Bernd Rother (Hrsg.)

Willy Brandt. Neue Fragen, neue Erkenntnisse

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2011 (Willy-Brandt-Studien 5); 335 S.; 32,- €; ISBN 978-3-8012-0414-3
Nach Abschluss der zehnbändigen Edition „Willy Brandt – Berliner Ausgabe“ steht der zeitgeschichtlichen Forschung ein Quellenfundus bereit, der eine neue Perspektive auf das politische Wirken des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers ermöglicht. In den Hintergrund treten dabei ein wenig die biografischen Aspekte, die mittlerweile wohl als gut erforscht gelten können. Dafür regt die Rezeption Brandts im In- und Ausland sowie die Konzeption und Wirkung seiner Politik verstärkt die Forschung an. Die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung hat im Frühjahr 2010 versucht, eine Verständigung über den aktuellen Forschungsstand zu erzielen. In dem von Bernd Rother herausgegebenen Sammelband sind nun die Tagungsbeiträge dokumentiert und die Debattenbeiträge zusammengefasst. Im Mittelpunkt stehen vor allem die vier Konferenzschwerpunkte – das Brandtbild, seine Außen- und Deutschlandpolitik, die Innenpolitik und schließlich das Wirken Brandts nach dem Ende seiner Kanzlerschaft. Die Urteile über die Außen- und Deutschlandpolitik sowie über die Person haben durch die Arbeit an der Berliner Ausgabe einige Einschätzungen gefestigt, die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs bestehen. Sowohl die Wahrnehmung Brandts in der DDR als auch die aus der heutigen Sicht besser erkennbaren geopolitischen und europäischen Dimensionen ergänzen dabei das traditionelle westdeutsche Brandtbild. Die entsprechenden Beiträge erweitern somit die bisherigen Perspektiven. Zwischen Verklärung und Ignoranz bewegten sich bislang hingegen vielfach die Beurteilungen von Brandts Regierungszeit in der Innenpolitik sowie seine Zeit als Präsident der Sozialistischen Internationalen. Ersteres stand vielfach im Schatten von Brandts Ostpolitik und Letzteres rückte gegenüber der Bedeutung des Parteivorsitzenden mitunter schon einmal in den Hintergrund. Hier liefern die dazugehörigen Beiträge nun neue Impulse, die über die Zeitgeschichte auf die politikwissenschaftliche Debatte einwirken. Insbesondere mit dem sehr abgewogenen und differenzierten Bild zur Innenpolitik wird eine Brücke von den Reformbemühungen jener Jahre zu Strukturproblemen in der aktuellen Sozialstaatsdebatte geschlagen.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.32.3132.3142.354.214.44 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Bernd Rother (Hrsg.): Willy Brandt. Bonn: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34102-willy-brandt_40904, veröffentlicht am 22.09.2011. Buch-Nr.: 40904 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA