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/ 10.12.2015
Peter Weingart / Gert G. Wagner (Hrsg.), unter Mitarbeit von Ute Tintemann

Wissenschaftliche Politikberatung im Praxistest

Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2015 ; 251 S. ; 29,90 €; ISBN 978-3-95832-046-8
Die Berlin‑Brandenburgische Akademie der Wissenschaften rechnet unter anderem Gesellschaftsberatung und die Förderung des Dialogs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu ihren Aufgaben. In diesen Kontext gehört auch die 2012 und 2013 durchgeführte Vortragsreihe „Wissenschaftspolitik im Dialog“, die sich mit wissenschaftlicher Politikberatung auseinandersetzte. Öffentliche Debatten dieses Formats können zumeist keine systematische Auseinandersetzung mit dem gewählten Thema liefern, wohl aber einen Querschnitt unterschiedlicher Perspektiven – hier die von Sozialwissenschaftlern, Ökonomen, Juristen und Wissenschaftshistorikern. In unterschiedlicher Weise setzen sich die Autoren mit dem „Unbestimmtheitsraum“ auseinander, der sich in der Politikberatung aus der Interpretierbarkeit von beidem – der politischen Problemstellung wie der jeweiligen wissenschaftlichen Problemlösungsoption – ergibt. Dabei bezieht sich nur der Beitrag von Christoph Schmidt explizit auf das Postulat einer evidenzbasierten Politik, das bekanntlich die Möglichkeit eines linearen Transfers wissenschaftlichen Wissens unterstellt. Die Mehrheit der Beiträge aber lässt sich auf Probleme und Ambivalenzen ein, die mit der Verwendung wissenschaftlichen Wissens in politischen Kontexten verbunden sind. So werden einerseits Fälle diskutiert, in denen unterschiedliche wissenschaftliche Positionen zu einer einzelnen Sachfrage von politischen Akteuren instrumentalisiert werden (Naomi Oreskes) und andererseits solche, in denen Wissenschaftler als politische Aktivisten agieren, gerade weil sie die normativen Implikationen sachlicher Analysen nicht offenlegen (Roger Pielke; Daniel Sarewitz). Ähnlich wie Gert Wagner unterstreichen Ottmar Edenhofer und Martin Kowarsch, dass typische Standards – wie wissenschaftliche Glaubwürdigkeit, politische Neutralität, gesellschaftliche Legitimität, Politikrelevanz – nur in Ausnahmefällen zugleich eingelöst werden. An John Dewey, Hilary Putnam und Jürgen Habermas anschließend, votieren sie für ein „pragmatisch‑aufgeklärtes Modell“ (95 ff.) wissenschaftlicher Politikberatung, das ausdrücklich die spezifischen Rollen und Handlungslogiken der politischen und wissenschaftlichen Akteure anerkennt und zum Gegenstand öffentlicher Debatten machen möchte.
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Rubrizierung: 5.24.22.3212.3312.642.212.261 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Peter Weingart / Gert G. Wagner (Hrsg.), unter Mitarbeit von Ute Tintemann: Wissenschaftliche Politikberatung im Praxistest Weilerswist: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39169-wissenschaftliche-politikberatung-im-praxistest_46935, veröffentlicht am 10.12.2015. Buch-Nr.: 46935 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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