Rahaf Aldoughli: Romanticizing Masculinity in Baathist Syria: Gender, Identity, and Ideology
Rahaf Aldoughli gibt Einblick in die Funktionsweise des patriarchalischen Autoritarismus unter der Assad-Herrschaft. Dazu blickt sie auf den Baathismus, dessen Geschlechteridentifikationen und ihre ideengeschichtlichen Vorbilder in Europa. Und zeigt, wie ein ‚romantisierter‘ „maskuliner Nationalismus“ im fragmentierten Syrien Gemeinsamkeit stiftete, indem Gewalt gegen Frauen durch Propaganda kollektiv verankert und staatlich legitimiert wurde. Unser Rezensent lobt Aldoughli für diese bedeutsame „analytische Grundlage zur Korrelation zwischen patriarchaler Ideologie und autoritärer Institutionalisierung“.
Eine Rezension von Sascha Ruppert-Karakas
Am 8. Dezember 2024 endete mit der Flucht Bashar al-Assads eine Tyrannei, die seit 1970 bestanden hatte und sich – abseits ihrer sektiererischen und kleptokratischen Elemente – durch eine zutiefst patrimoniale Herrschaftsform auszeichnete. Assads Syrien war ein von Männern dominiertes und dynastisch organisiertes Staatskonstrukt. Diese Charakteristik autoritärer Herrschaft zeigte sich nicht nur darin, dass der einzige Regierungswechsel Syriens im Jahr 2000 in einer gleichsam monarchistischen Erbfolge vom Vater auf den Sohn geregelt wurde, sondern spiegelte sich bis zuletzt in der alltäglichen Regimepropaganda wider. Diese propagierte ein militarisiertes Souveränitätsverständnis einer von einem starken Mann geführten Nation, deren Verteidigung gegen eine vermeintlich westliche Verschwörung von heroischen Männern getragen wurde. So offensichtlich diese patrimonialen Aspekte waren, blieb die konkrete Untersuchung der identitären Dimension von Männlichkeit und deren Auswirkung außerhalb der konkret sichtbaren Institutionalisierung der Staatsspitze in den Analysen jedoch weitgehend zweitrangig.
Diese Forschungslücke greift Dr. Rahaf Aldoughli vom Department of Politics, Philosophy and Religion der Lancaster University auf. In ihrer Monografie „Romanticizing Masculinity in Baathist Syria: Gender, Identity, and Ideology“ liefert sie – in der theoretisch orientierten Tradition von Lisa Wedeen[1] und Salwa Ismail[2] – einen mikroskopischen Einblick in die Funktionsweise des patriarchalischen Autoritarismus unter der Herrschaft der Assads.
Die identitäre Dimension von Männlichkeit im syrischen Autoritarismus
Die zentrale Beobachtung, die Aldoughli in ihrer Arbeit macht, besteht in der Perspektivierung des syrischen Autoritarismus durch eine vorpolitische Komponente. Die Auseinandersetzung mit den Textzeugnissen der syrischen Nationalisten seit Beginn des 20. Jahrhunderts offenbart, dass das weibliche Geschlecht in der Konstitutionalisierung der syrischen Nation als abwesendes Subjekt erscheint, während das männliche Geschlecht als Idealbild des ‚guten Bürgers‘ und als Held der nationalen Identität dominiert. Diese Vorrangstellung des Mannes mündet in ein patriarchalisches Verständnis von Herrschaft und politischer Hierarchie, das in seiner Kommunikation vollständig in affektive Verpflichtungsklauseln eines männlichen Muskelkults übergeht. Dieser wurde performativ als schicksalhafter Kampf des Mannes für die vermeintlich zu beschützende weibliche Nation inszeniert und bildet damit eine Grundlage für gewaltsame Subjektivierungsprozesse.
Wer glaubt, die Tendenz nationalistischer Ideologien zu patriarchalischen Ausdrucksweisen auf eine vermeintliche kulturelle Eigenheit der nahöstlichen Region reduzieren zu können, wird durch Aldoughlis‘ Analyse eines Besseren belehrt. Die von ihr identifizierte Hegemonie des Männlichen entspringt, so ihre Argumentation, nicht etwa einer angeblichen Allgegenwärtigkeit patriarchalischer Kultur in der Region. Vielmehr führt sie diese auf den „European romanticism, a foreign intellectual trend that was strongly and overtly influential in the writings of Syrian ideologues in the early twentieth century“ zurück. Aldoughli zeigt eindrücklich, „how these European-derived perceptions of gender and the state affected the imaginative construction of men and women in the cultural and legislative spheres in the emerging Syrian nation, and the impact that Baathist nationalism had on women’s everyday lives“ (6).
Der Baathismus und seine ideengeschichtlichen Vorbilder in Europa
Die Fokussierung auf den Baathismus als zentralen Untersuchungsgegenstand erweist sich als besonders aufschlussreich für die wissenschaftliche Debatte, da sie nicht nur eine ideengeschichtliche Orientierung des Baathismus an europäischen Vorbildern offenlegt, sondern diesem in Syrien zugleich eine ideologische Wirkmächtigkeit zuschreibt, die in der Debatte um Syrien kontrovers diskutiert wird. Obwohl die systemische Funktion der Baath-Partei für die Herrschaft der Assads bis zuletzt von existenzieller Bedeutung blieb,[3] verblasste ihre ideologische Mitwirkung spätestens mit dem Amtsantritt Bashar al-Assads und dem damit einhergehenden Wandel des Gesellschaftsvertrags nahezu vollständig.[4] Ihre Funktion lag zunehmend weniger in der Vermittlung eines kohärenten ideologischen Programms, sondern vielmehr in der dauerhaften klientilistischen Kontrolle durch die Zentralisierung aller sozialen Tätigkeiten innerhalb der ihr untergliederten Massenorganisationen.
Die Autorin dekonstruiert in ihrer Analyse das letztverbliebene ideologische Geflecht des Baathismus, indem sie den Fokus nicht wie üblich auf dessen Zielsetzungen wie den arabischen Sozialismus oder die panarabische Rhetorik legt. Stattdessen richtet sie ihre Untersuchung bewusst auf die vorpolitischen Inhalte. Besonders betont wird dabei der dem Baathismus zugrundeliegende idealisierte Maskulinismus, der durch die Ausblendung und damit einhergehende Dominanz des männlichen Geschlechts die ideelle Legitimation für einen patriarchalischen Staat und eine darauf basierende Bürgerschaft in Syrien etablierte. Bereits auf dieser Ebene wurde ein strikt hierarchisches Beziehungsverhältnis zwischen Menschen und Geschlechtern geschaffen, das vor jedweder politischen, religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit griff und konkrete Macht- und Gewaltverhältnisse legitimierte.
‚Romantisierte‘ Geschlechteridentifikationen als Teilelement dezisionistischer Ideologie
Die Analyse basiert auf einer diskursinterpretatorischen Dekonstruktion relevanter Texte der Gründerväter der syrischen Nation, der Verfassung und patriotischer Liedtexte. Ziel ist es, die zentralen Forschungsfragen zu beantworten, inwiefern „specific views of gender that have shaped Baathist thought and practice, the historical origins of these gender constructs, the ways in which they were disbursed and internalized by Party loyalists, and the impact they had on the lives of Syrian women and men“ (22). Kapitel 1 eröffnet die Analyse mit einer diskursanalytischen Betrachtung der Schriften von Sati al-Husri, Michel Aflaq und Zaki al-Arsuzi, die trotz unterschiedlicher realpolitischer Wirkkraft als die ideellen Gründerväter der Baath-Partei gelten. Neben einer historischen Kontextualisierung der Entwicklungsphasen der Ziele des Baathismus in Syrien und seiner Entzauberung als panarabisches Projekt liefert Aldoughli auch eine politisch-theoretische Einordnung der Schriften dieser Alt-Baathisten. Wie bereits in einem früheren Journalbeitrag argumentiert Aldoughli, dass das Studium der Gründerväter in Frankreich eine entscheidende Rolle für die Ideologiegenese des Baathismus spielte.[5] Besonders prägend waren dabei Einflüsse der deutschen Romantik, insbesondere die Ideen von Johann Gottfried Herder und Johann Gottlieb Fichte, die maßgeblich das baathistische Denken inspirierten.
Markant zeigt sich der Einfluss der deutschen Romantik in den Schriften von Sati al-Husri. Er sah die Herausforderung darin, im ethnisch und religiös zersplitterten Syrien nach dem Kolonialismus ein neues Gefühl kollektiver Identität zu schaffen. Seine Lösung lag in der gezielten Förderung eines „belief in the nation through the veneration of ‚our glorious past‘“ (43), wobei Gehorsam und Zugehörigkeit durch Indoktrination und die Vorstellung eines neuen Bewusstseins erzeugt werden sollten. Diese Idee bildete später die Grundlage für das Streben des Baathismus nach einem neuen arabischen Menschen.[6] Nach al-Husri muss der Staat zur Geburtsstätte eines „selective historical narrative“ werden, das bewusst konstruiert wird, um einen Mythos der gemeinsamen Schicksalsgemeinschaft zu schaffen und dabei unbequeme Aspekte der Geschichte auszublenden (43). Laut Aldoughli machte der erste parteiliche Vertreter des Baathismus den Glauben und die Liebe zur Gemeinschaft zur nationalen Tugend des neuen Syriens. Die Autorin zeigt, wie Aflaq diese konstruierte Vorstellung von Gemeinschaft fortführte, um einen kathartischen Prozess der nationalen Vereinigung und einen dezisionistischen Politikstil zu formulieren. Die Regeneration der arabischen Gemeinschaft beruhe darauf, dass der Einzelne durch heroische Taten und die Erfahrung von Schmerz im Kampf gegen den Feind das durch den Kolonialismus verschüttete nationale Gefühl wiedererlangt.
Geschlechterverhältnisse als konstruierte Gemeinsamkeit in der syrischen Gesellschaft
Da diese konstruierte Gemeinsamkeit angesichts des ethnischen und religiösen Flickenteppichs der syrischen Demografie nicht als Blut-Verbindung oder im Rahmen einer anderen primordialen Bindung vermittelt werden konnte, setzten die Gründerväter primär auf den Glauben an „shared cultural, linguistic and educational ties“ (62). Im zweiten Kapitel zeigt Aldoughli, wie sie diese konstruierte gesellschaftliche Bindung nachhaltig zu stärken versuchten, indem sie „national love with familial affection“ propagierten (61). Familie wird bei Aldoughli im patriarchalischen Sinne als ein Ordnungselement verstanden, das eine Hierarchie etabliert, in der eine männlich dominierte öffentliche Sphäre der politischen Rationalität Vorrang vor der weiblich zentrierten irrationalen Domäne der Privatheit erhält.
Anhand weiterer Texte von al-Husri und Aflaq zeigt Aldoughli, wie die Aushandlungsprozesse um die Nation gezielt in eine „uniquely masculine sphere of military involvement“ unter Männern als traditionelle Führungsfiguren einer Familie verlagert wurden (67). Im Kontext des von Aflaq gepredigten Kämpferkults durfte Autorität in der syrischen Nation nur von jenen Teilen der Bevölkerung beansprucht werden, die sich im Kampf gegen den vermeintlich imperialistischen Zionismus engagierten – ein militärisches Mitwirken, das ausschließlich opferbereiten Männern vorbehalten blieb (77). Durch die Hinzunahme der Texte eines weiteren zentralen Denkers des arabischen Nationalismus, Zaki al-Arsuzi, zeigt Aldoughli, welche Rolle der Frau in diesem Konstrukt zugedacht wurde: Ihr bleibe im traditionellen Verständnis eine Rolle als Versorgerin, die dem Dienst und der Befriedigung des männlichen Geschlechtes untergeordnet sein müsse. Dadurch sei Frauen nicht nur die Fähigkeit für die politische Partizipation untersagt worden, sondern deren Rolle wurde Aldoughli zufolge zugleich den „lower social echelons, with little opportunity for advancement or recognition“ zugeordnet (68).
Interessant ist diese Beobachtung vor allem deshalb, weil der Baathismus seine Herrschaftslegitimation nicht – wie üblicherweise angenommen – durch größere politische und wirtschaftliche Zusammenhänge schafft, sondern auf der Ebene des Subjekts, insbesondere im privaten Bereich, verankert ist. Bereits hier werden Hierarchieverhältnisse etabliert, in denen der naturalisierte Unterschied zwischen Mann und Frau als Grundlage dient. Dieser Mikrokosmos von Herrschaft bildet das geistespolitische Fundament der dynastischen Errichtung der Assad-Herrschaft, die sich durch eine familienspezifische Rhetorik als Garant der nationalen Souveränität Syriens inszenierte und zugleich die Nation zu einem quasi-feudalen Lehnsbesitz degradierte.
Patriarchale Strukturen und staatlich legitimierte Gewalt gegen das weibliche Geschlecht
Welche Auswirkungen diese Diskurse auf den Alltag von Syrer*innen haben, zeigt Aldoughli im dritten Kapitel anhand der ersten dauerhaften Verfassung von 1973. Auf Grundlage patriarchaler Diskurse wurden hier juristische Standards geschaffen, die die gesellschaftliche Hierarchie festigten. Aldoughlis zentrales Argument lautet, dass „despite superficial efforts by the regime to incorporate women’s liberation as a tokenistic element within its legitimizing narrative, such overtures were fundamentally undermined by the entrenched gendered framework of muscular nationalism“ (92). Neben der gewählten Sprache, die Männer als Volk und Frauen als Teil der Massen unterscheidet (95), sind es vor allem die legalistischen Klauseln der Verfassung, die Männern eine dominante Rolle im gesellschaftlichen Leben einräumen. Aldoughli formuliert hier ein systemisches Argument, das die autoritäre Institutionalisierung als Teil vorpolitischer Aushandlungsprozesse, etwa zur Gleichbehandlung der Geschlechter, offenlegt. Ein zentraler Punkt ist die Exklusion von Frauen aus der „sacred duty to defend the homeland’s security“ (103), wodurch sie zu einer zu beschützenden Masse degradiert werden. Diese Dynamik hat laut Aldoughli direkte Konsequenzen für die Repräsentation von Frauen in politischen Ämtern, die auf wenige ausgewählte Personen beschränkt bleibt.
Diese politische Marginalisierung wurde durch einen expliziten sozio-kulturellen Disziplinierungsauftrag verbrieft, der männliche Gewalt gegen Frauen sanktioniert und die Gewaltherrschaft auf den kleinsten sozialen Mikrokosmos der Gesellschaft überträgt. Trotz des propagierten Bekenntnisses des syrischen Regimes zur Säkularisierung und Befreiung der Frau erlaubt die Verfassung konkrete Gewaltmaßnahmen gegen Frauen. So legalisiert Artikel 489 des Strafgesetzbuches nicht nur die Züchtigung und Vergewaltigung der Ehefrau, sondern bevorteilt Männer auch bei eherechtlichen Vergehen wie Ehebruch (108–109). Aldoughli zeigt, dass diese männliche Dominanz ein zentrales Element der systematischen Brutalisierung der Gesellschaft darstellt, ersichtlich in den legalisierten Gewaltmöglichkeiten, die Männern gegenüber Frauen eingeräumt werden. Beispielsweise können Vergewaltiger Strafen entgehen, indem diese das vergewaltigte Opfer heiraten und Ehrenmorde wurden – trotz scheinbarer Gesetzesreformen im Jahr 2009 – bis heute zuletzt mit maximal zwei Jahren Haft geahndet.
Abseits dieser konkreten Analyse des geltenden Strafrechts entlarvt Aldoughli diese propagandistische Farce des Regimes als vermeintlich moderne Republik durch die Analyse des syrischen Zivilrechts. Sie zeigt, dass das Personenstandsrecht religiösen Autoritäten eine weitgehende Kontrolle über die Interpretation der Jurisprudenz erlaubt, wodurch insbesondere Frauen dem Einfluss dieser religiösen Autoritäten unterworfen bleiben, die modernen Vorstellungen von Frauenrechten ignorieren (113). Dieser Diskurs ist zentral für die Debatte über Syrien unter Assad, da Aldoughli zahlreiche Gegenargumente zu dem weit verbreiteten Mythos liefert, der Baathismus unter Assad sei eine säkulare, moderne Form des Nationalismus mit einer Vorreiterrolle in der Gleichstellung von Frauen.
Maskuliner Nationalismus durch Propaganda: Die Rolle nationalistischer Lieder in der politischen Indoktrination
Im vierten Kapitel analysiert Aldoughli, wie das syrische Regime die Vorstellung eines patriarchalischen Nationalismus durch massenkommunikative Maßnahmen, insbesondere durch von der Baath-Partei produzierte nationalistische Lieder, verbreitete und gezielt für kulturelle und politische Indoktrination einsetzte. Anhand zahlreicher Beispiele zeigt sie, wie diese Lieder darauf ausgerichtet wurden, „to instill militarized gendered identities and values in the populace“ und „to interweave motifs of violence/aggression with those of love/belonging within the national collective“ (128). Kapitel 5 bleibt bei der Analyse von Liedtexten, richtet den Fokus jedoch auf Werke, die seit 2011 von loyalistischen, nicht-staatlichen Akteuren produziert wurden. Aldoughli zeigt, dass der Maskulinismus nicht nur durch einen Top-down-Prozess des Regimes etabliert wurde, sondern auch durch einen Bottom-up-Prozess, in dem Loyalisten die maskulinen Prinzipien des Baathismus aktiv reproduzierten. Diese Erkenntnis ist aus zwei Gründen bedeutsam: Erstens widerspricht Aldoughli der von Lisa Wedeen in Ambiguities of Domination formulierten Annahme, dass Syrer*innen sich lediglich verhielten, „als ob“ sie an die Ideologie glaubten. Stattdessen argumentiert sie, dass dieses „als ob“ eine eigene Dynamik entwickeln und bei einem Teil der Loyalisten tatsächlich in ein „wie es ist“ übergehen kann. Zweitens zeigt Aldoughli, dass der militarisierte Maskulinismus „one of the foremost pillars around which loyalist support is organized“ war (165). Eindringlich verdeutlicht sie damit, dass die Motivation für Gewalt in Syrien nicht allein durch sektiererische oder antagonistische Motive erklärbar ist, sondern vor allem durch die vorpolitische Dimension der romantisierten Geschlechteridentifikation legitimiert wurde.
Fazit
Aldoughli liefert mit ihrem Werk eine Analyse, die nicht nur für die Erschließung des syrischen Autoritarismus von großer Bedeutung ist, sondern auch darüber hinaus Relevanz besitzt. Besonders in der aktuellen Diskussion über eine mögliche demokratische Transformation Syriens nach Assad sind nicht nur religionspolitische und ethno-sektiererische Aushandlungsprozesse entscheidend, sondern auch die Frage, wie Syrer*innen Identitätsgefühl und Zugehörigkeit jenseits einer vorpolitischen romantisierten Maskulinität definieren können. Eine Frage, die insbesondere für die im Rahmen des derzeit abgehaltenen Dialogs über die gesellschaftliche Zukunft Syriens nach Assad und die darin dominante Stellung islamistischer Akteure von besonderer Relevanz sein wird.[7]
Darüber hinaus hat Aldoughlis Argument auch außerhalb Syriens Gewicht. Sie bietet eine analytische Grundlage für die Korrelation zwischen patriarchaler Ideologie und autoritärer Institutionalisierung, die im globalen Kontext des autoritären Populismus von internationaler Bedeutung ist. Das Buch überzeugt insbesondere durch die sorgfältige Kontextualisierung der behandelten Phänomene im gesamtgeschichtlichen Rahmen Syriens sowie durch seine klar verständliche Sprache. Es ist daher auch für Personen außerhalb des akademischen Bereichs geeignet. Für alle, die sich bereits intensiver mit Syrien beschäftigen, ist es ohnehin eine Pflichtlektüre. Es bietet nicht nur eine Fundgrube an Zitaten von Altbaathisten, die bislang vor allem auf Arabisch verfügbar waren, sondern liefert auch ein weiteres wichtiges Puzzlestück zur Erklärung der autoritären Langlebigkeit von Assads Syrien.
Anmerkungen:
Demokratie und Frieden
Externe Veröffentlichung
Karam Nachar / 27.01.2023
Heinrich-Böll-Stiftung
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