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Aus der Annotierten Bibliografie / 27.10.2017

Annäherung an ein Phänomen. Gesellschaftlicher Wandel und Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern

Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und rechte Gewalt sind keineswegs rein ostdeutsche Phänomene. Trotzdem ist festzustellen, dass gegenwärtig politische Strömungen weit rechts der Mitte in den neuen Bundesländern auf eine deutliche Resonanz stoßen – bei der Bundestagswahl im September 2017 wurde die AfD in Sachsen mit 27 Prozent gar stärkste Partei. Tickt der Osten also anders? In der Literatur, die hiermit in ausgewählten Kurzrezensionen vorgestellt wird, wird dieser Frage im Spannungsverhältnis von Systemwandel, tradierten Einstellungen und aktuellen Einflüssen nachgegangen.

Seltene Begegnung mit dem Fremden: Im Februar 1951 traf in Dresden ein indischer Student ein, der an der TU sein Studium fortsetzen wollte. Begrüßt wurde er von Jungen Pionieren und FDJ-lern. Die Herzlichkeit des Empfangs deckte sich nicht mit den Alltagserfahrungen, die viele Ausländer mit den DDR-Bürgern machten. Quelle: Bundesarchiv, Fotograf unbekannt.

 

Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und rechte Gewalt sind selbstverständlich keineswegs rein ostdeutsche Phänomene – die AfD wurde von einem Hamburger Professor gegründet, die Republikaner zogen im Sommer 1989 mit allein westdeutschen Stimmen in das Europäische Parlament ein, das Attentat auf das Oktoberfest 1980 wurde von einem bayrischen Neonazi verübt. Trotzdem ist festzustellen, dass gegenwärtig politische Strömungen weit rechts der Mitte in den neuen Bundesländern auf eine deutliche Resonanz stoßen, die über die im Westen hinausgeht: Auf Mecklenburgs Campingplätzen können Neonazis ungestört feiern und Urlauber verschrecken, bei der Wahl zum Schweriner Landtag 2017 entpuppte sich Usedom als Hochburg der AfD, die dann bei der Bundestagswahl mit 27 Prozent in Sachsen gar stärkste Partei wurde. Zu erwähnen ist auch der NSU, dessen drei Mitglieder aus Jena stammten und die ihre Mordopfer – mit einer Ausnahme – im Westen suchten.

Tickt der Osten anders? In der Literatur, die hier in ausgewählten Kurzrezensionen vorgestellt wird, wird dieser Frage im Spannungsverhältnis von Systemwandel, tradierten Einstellungen und aktuellen Einflüssen nachgegangen. Die Antwort, die Tom Mannewitz in seiner Habilitationsschrift Politische Kultur und demokratischer Verfassungsstaat. Ein subnationaler Vergleich zwei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung gibt, lautet: eigentlich nicht. Die strukturellen Unterschiede zwischen den Regionen sind seiner Erkenntnis nach gering und statt eines Ost-West-Unterschiedes ließe sich auch einer zwischen Nord und Süd feststellen. Auch seien Traditionslinien zu beachten, die in die Zeit von vor der DDR zurückreichen. Klaus Schroeder betont in der auf Befragungen gestützten Studie Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland: Ein Ost-West-Vergleich, dass die Prozentzahl rechtsextremer Jugendlicher insgesamt gering sei, in ostdeutschen Städten aber eher eine Gleichgültigkeit gegen zivile Tugenden herrsche.

Mit dieser Gleichgültigkeit ist allerdings ein – messbarer – Faktor genannt, der zu den Folgen der Sozialisation in der DDR gezählt werden kann. Diese steht in dem Sammelband Vereintes Deutschland – geteilte Jugend. Ein politisches Handbuch im Mittelpunkt, gekoppelt an die Frage nach ihrer Nachwirkung auf heutige politische Einstellungen. Auch Britta Bugiel geht in ihrer Studie Rechtsextremismus Jugendlicher in der DDR und in den neuen Bundesländern von 1982-1998 von einem Einfluss der Sozialisierung aus, verbunden mit dem Hinweis, dass rechtsextreme Einstellungen auch aus der Zeit vor 1989 dokumentiert sind.

Die Annahme, dass sich mit dem Rechtsextremismus in Ostdeutschland eine Entwicklung aus der DDR fortsetzt, wird auch in dem Band Generation Hoyerswerda. Das Netzwerk militanter Neonazis in Brandenburg untermauert. Gideon Botsch führt aus, dass der Neonazismus aus einem unpolitischen Milieu – der Jugendsubkultur der Skinheads, Hooligans und Faschos – hervorgegangen sei. „Aus diesem Umfeld hätten sich 1985/1986 Verbindungen von rechtsextremen Personen ergeben, die sich auch zunehmend mit politischen Fragen auseinandergesetzt hätten. Mit der Wende 1989/90 habe sich das Milieu politisiert und erste Ansätze einer politischen Organisation seien erkennbar geworden. Im Laufe des Jahres 1990 habe sich eine politisch formierte, bewegungsförmige ‚Nationale Opposition‘‘‘ (59) entwickelt. Die ostdeutschen Neonazis übernahmen demnach Elemente aus Westdeutschland und beide verschmolzen schließlich miteinander.“

In mehreren Analysen werden insbesondere der ländliche Raum und die Kleinstädte in den Blick genommen, die für Phänomene am rechten Rand des politischen Spektrums besonders anfällig zu sein scheinen. Thomas Bürk identifiziert einen wichtigen Faktor für den Rechtsextremismus – oder eben dessen Ausbleiben: In den Städten, in denen eine ausgeprägte beziehungsweise wehrhafte Zivilgesellschaft existiert, ist die Zahl der rechtsradikalen Übergriffe deutlich geringer als in denen, in denen es keine zivilen Gegenbewegungen gibt. Dieser Befund wird durch die Analyse Rechtsextremismus in lokalen Kontexten. Vier vergleichende Fallstudien gestützt. Kleinstädte mit schwacher Zivilgesellschaft befinden sich also tendenziell im Nachteil.

Seine jüngste radikale Zuspitzung hat der Rechtsextremismus mit der zehnjährigen Mordserie des NSU erfahren, die ostdeutsche Herkunft der drei Täter steht in der Literatur aber im Hintergrund – auch der wiederholt vorgetragene Vorwurf an den Verfassungsschutz, die NSU-Taten begünstigt zu haben, zielt eher auf das Argument eines staatlichen Versagens, der regionale Kontext erscheint nachgeordnet. Die dazu vorgestellten Bücher bilden eine kleine Auswahl der vorhandenen Literatur, so von Stefan Aust und Dirk Laabs Heimatschutz. Der Staat und die Mordserie des NSU, außerdem Der NSU in bester Gesellschaft. Zwischen Neonazismus, Rassismus und Staat von Sebastian Friedrich et al. und von Wolfgang Frindte et al. Rechtsextremismus und „Nationalsozialistischer Untergrund“. Interdisziplinäre Debatten, Befunde und Bilanzen.

Jüngste Entwicklungen wie die Wahlerfolge der AfD in den neuen Bundesländern lassen sich mit den Kurzrezensionen der Annotierten Bibliografie der Politikwissenschaft nicht spiegeln, da diese 2016 eingestellt wurde. Hier sei auf den Themenschwerpunkt „Rechtspopulismus und Medien“ verwiesen. Pegida wird in dieser Zusammenstellung mit dem Band Pegida. Die schmutzige Seite der Zivilgesellschaft? von Lars Geiges, Stine Marg und Franz Walter berücksichtigt.

 

Sabine Andresen / Karin Bock / Micha Brumlik / Hans-Uwe Otto / Mathias Schmidt / Dietmar Sturzbecher (Hrsg.)

Vereintes Deutschland - geteilte Jugend. Ein politisches Handbuch

Opladen: Leske + Budrich 2003; 500 S.; kart., 24,90 €; ISBN 3-8100-3560-2
Die Beiträge des umfangreichen Handbuches behandeln u. a. folgende Themenfelder im Ost-West-Vergleich: Befunde der neuesten Jugendstudien, Jugendliche und ihr Verhältnis zur Politik, Veränderungen von Werthaltungen und Orientierungen unter Jugendlichen, Jugend und Gewalt, Jugend und Rechtsextremismus beziehungsweise Ausländerfeindlichkeit, Transformationsprozesse in der Jugendhilfe, die Rolle der Familien für Kinder und Jugendliche, Perspektiven für die Jugendlichen, Konsequenzen für die Sozial-...

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Stefan Aust / Dirk Laabs

Heimatschutz. Der Staat und die Mordserie des NSU

München: Pantheon 2014; 864 S.; geb., 22,99 €; ISBN 978-3-570-55202-5
Stefan Aust und Dirk Laabs haben einen der bisher wichtigsten Beiträge zur Diskussion und Aufklärung der neonazistischen Anschläge des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), seiner Vor‑ und Nachgeschichte wie auch des Umfeldes geschrieben. Auch wenn einiges von den referierten Fakten nicht neu ist, so sind sie doch akribisch zusammengetragen und dokumentiert, was sich auch am Serviceteil des Buches in der Zusammenstellung zentraler Akteure auf rechtsextremer und staatlicher Ebene zeigt. Überdies haben ...

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Hubertus Buchstein / Gudrun Heinrich (Hrsg.)

Rechtsextremismus in Ostdeutschland. Demokratie und Rechtsextremismus im ländlichen Raum

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2010; 537 S.; 49,80 €; ISBN 978-3-89974-578-8
Rechtsextremismus ist bei Weitem nicht nur ein Problem der neuen Bundesländer, wird aber dennoch besonders häufig mit Ostdeutschland assoziiert. Dies betrifft insbesondere den ländlichen Raum und ist neben aufsehenerregenden Gewalttaten und Wahlerfolgen extrem rechter Parteien nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die extreme Rechte hier gerade in manchen ländlichen Regionen deutlich wirkungsmächtiger ist als im Rest der Republik. Umso mehr erstaunt es angesichts der Fülle an Literatur übe...

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Britta Bugiel

Rechtsextremismus Jugendlicher in der DDR und in den neuen Bundesländern von 1982-1998

Münster: Lit 2002 (Medien & Politik 21); 377 S.; brosch., 25,90 €; ISBN 3-8258-6155-4
Die Autorin will die Genese des unter ostdeutschen Jugendlichen grassierenden Rechtsextremismus erklären. Dabei greift sie einerseits auf empirische Untersuchungen vorwiegend aus den ersten Jahren nach der deutschen Vereinigung zurück, andererseits stützt sie sich auf zahlreiche Experteninterviews. Ihr vorrangiges Ziel ist es, die „Fixierung auf Erklärungsansätze, die die Ursachen ausschließlich in der Wiedervereinigung" (11) sehen, zu überwinden. Dazu bezieht sie Prägungen und Erfahrungen aus d...

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Thomas Bürk

Gefahrenzone, Angstraum, Feindesland: Stadtkulturelle Erkundungen zu Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus in ostdeutschen Kleinstädten

Münster: Westfälisches Dampfboot 2012 (Raumproduktionen: Theorie und Gesellschaftliche Praxis 14); 383 S.; 34,90 €; ISBN 978-3-89691-894-9
Thomas Bürk, Historiker und empirischer Kulturwissenschaftler, liefert mit diesem Beitrag zur Stadtforschung zugleich einen Denkanstoß in der Debatte um rechtsextremistische Ausschreitungen und zivilgesellschaftliche Gegenwehr in ostdeutschen Kleinstädten. Als Ausgangspunkt dient eine Studie zu Übergriffen auf Imbissbuden im Land Brandenburg. Fernab der Wahrnehmung der Großstädter, die nach Ansicht des Autors überwiegend durch die skandalorientierte Produktionslogik überregionaler Medien bestimm...

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Ulrich Busch / Wolfgang Kühn / Klaus Steinitz

Entwicklung und Schrumpfung in Ostdeutschland. Aktuelle Probleme im 20. Jahr der Einheit

Hamburg: VSA 2009; 200 S.; 14,80 €; ISBN 978-3-89965-331-1
Die politische Einheit Deutschlands sowie die Veränderung und Angleichung der Wirtschaftskraft und Lebensverhältnisse zwischen Ost und West sind nicht nur Gegenstand politischer Reden, sondern auch zahlreicher ökonomischer und soziologischer Untersuchungen. Auch diese Studie reiht sich in diese Forschungsdokumentation ein. Die Autoren verfolgen das Ziel, nicht nur die wirtschaftliche Lage der neuen Bundesländer auch in einem Vergleich mit ihren Nachbarn im Westen darzustellen, sondern zudem den ...

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Johanna Engelbrecht

Rechtsextremismus bei ostdeutschen Jugendlichen vor und nach der Wende

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2008 (Res Humanae 10); 187 S.; brosch., 39,- €; ISBN 978-3-631-56976-4
Erziehungswiss. Diplomarbeit Lüneburg; Gutachter: H.-J. Plewig. – Rechtsextremismus wird in der öffentlichen Diskussion häufig ausschließlich als Problem ostdeutscher Jugendlicher dargestellt, was nicht zutreffend ist. Trotzdem verdient diese Bevölkerungsgruppe eine intensive Beobachtung, weil sie überproportional rechtsextreme Einstellungen und Verhaltensweisen aufweist und durch die Folgen der Wiedervereinigung besondere Erfahrungen gesammelt hat. So lautet „die erkenntnisleitende ...

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Sebastian Friedrich / Regina Wamper / Jens Zimmermann (Hrsg.)

Der NSU in bester Gesellschaft. Zwischen Neonazismus, Rassismus und Staat

Münster: Unrast 2015 (Edition DISS); 168 S.; 18,- €; ISBN 978-3-89771-766-4
Den NSU in einen gesellschaftlichen Kontext einzuordnen, haben sich die Autor_innen zum Ziel gesetzt. Sie verstehen sich als kritische Wissenschaftler_innen und als Aktivist_innen der politischen Linken. Der Fokus ihrer Beiträge liegt auf der Analyse der Hintergründe, Reaktionen und Konsequenzen. Mit Blick auf die Hintergründe werden die gesellschaftlichen Bedingungen für den Umgang mit dem NSU und den neonazistischen Netzwerke näher betrachtet. Michael Weiss zeigt in seinem Beitrag die Ursprünge auf: „Der NSU war ...

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Wolfgang Frindte / Daniel Geschke / Nicole Haußecker / Franziska Schmidtke (Hrsg.)

Rechtsextremismus und "Nationalsozialistischer Untergrund". Interdisziplinäre Debatten, Befunde und Bilanzen

Wiesbaden: Springer VS 2016 (Edition Rechtsextremismus); 509 S.; softc., 39,99 €; ISBN 978-3-658-09996-1
Die Morde des NSU haben dazu geführt, dass auch die Sozialwissenschaften ihre Analyseinstrumente bezüglich des Rechtsextremismus neu justieren. Eine Möglichkeit dazu bot die Jahrestagung des Forums Friedenspsychologie im Juni 2014, auf der dieser Sammelband beruht. Neue Ansätze junger Nachwuchsforscher_innen werden mit Beiträgen etablierter Rechtsextremismus‑Kenner_innen zusammengeführt; neben Wissenschaftler_innen kommen auch Praktiker_innen zu Wort, so etwa Anetta Kahane von der Amadeu‑Antonio‑Stiftung ...

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Julia Isabel Geyer

Rechtsextremismus von Jugendlichen in Brandenburg

Münster: Lit 2002 (Texte zu Politik und Zeitgeschichte 4); III, 155 S.; brosch., 15,90 €; ISBN 3-8258-6004-3
Auch wenn Rechtsextremismus grundsätzlich ein gesamtdeutsches Phänomen ist, sorgen vor allem die oft von Jugendlichen begangenen, rechtsextrem motivierten Gewalttaten in den neuen Bundesländern für Schlagzeilen. Die Autorin fragt am Beispiel Brandenburgs nach den Ursachen und Bedingungen für rechtsextreme Einstellungen bei Jugendlichen. Dabei kommt sie u. a. zu dem Ergebnis, dass neben den durch die Wiedervereinigung bedingten Negativerfahrungen auch Reste der antifaschistischen DDR-Traditionen ...

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Lars Geiges / Stine Marg / Franz Walter

Pegida. Die schmutzige Seite der Zivilgesellschaft?

Bielefeld: transcript Verlag 2015 (X-Texte); 207 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-8376-3192-0
Der etwas reißerische Titel und das düstere Buchcover täuschen: Das Buch ist keine Totalabrechnung mit Pegida, sondern eine wissenschaftlich neutrale, selten wertende, bisweilen fast verständige Studie. Besonders ist, dass diese nicht am Ende der untersuchten Vorgänge entsteht – mit etwas selbstgerechter Kritik grenzt sich das Autorenteam ab gegen „wohlfeile rückwärtsgewandte Prophetie“, die „zum Zeitpunkt des Erscheinens kaum noch jemanden interessiert“ (7). Man wolle „Thesen präsentieren, einen Materialaufriss zusammenstellen und mit vorläufigen Deutungsangeboten ...

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Hendrik Hansen / Hans-Joachim Veen (Hrsg.)

Politisches Denken. Jahrbuch 2009. Aufarbeitung totalitärer Erfahrungen und politische Kultur. Die Bedeutung der Aufarbeitung des SED-Unrechts für das Rechts- und Werteverständnis im wiedervereinigten Deutschland

Berlin: Duncker & Humblot 2009; 277 S.; 46,- €; ISBN 978-3-428-13184-6
Die Autoren verbinden in ihren Beiträgen zwei Fragestellungen: Hat das alte bundesrepublikanische Verständnis von Politik und Recht den Aufarbeitungsprozess des SED-Unrechts geprägt? Konnte die Aufarbeitung der DDR-Diktatur einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Kultur- und Werteverständnisses der wiedervereinigten Bundesrepublik leisten? Es wird also gefragt, worin der Verknüpfungspunkt zwischen der Aufarbeitung der „totalitären Erfahrung“ (22) und der politischen Kult...

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Everhard Holtmann

Die angepassten Provokateure. Aufstieg und Niedergang der rechtsextremen DVU als Protestpartei im polarisierten Parteiensystem Sachsen-Anhalts

Opladen: Leske + Budrich 2002; 183 S.; kart., 9,90 €; ISBN 3-8100-2973-4
Holtmanns Studie über die DVU in Sachsen-Anhalt besteht aus zwei Teilen: Zunächst wird eine bereits zu einem früheren Zeitpunkt veröffentlichte Analyse der Landtagswahl 1998 noch einmal abgedruckt. Sie zeigt, aus welcher Ausgangssituation und welchem Wählerpotenzial die DVU aus dem Stand 12,9 % der Wählerstimmen gewinnen konnte. Im zweiten Teil werden die Entstehung, Wahrnehmung und Arbeit der DVU-Fraktion untersucht. Holtmann charakterisiert die DVU in Abgrenzung zu anderen Typologien als „rech...

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Heike Kleffner / Anna Spangenberg (Hrsg.)

Generation Hoyerswerda. Das Netzwerk militanter Neonazis in Brandenburg

Berlin: be.bra verlag 2016; 301 S.; pb., 20,- €; ISBN 978-3-89809-127-5
Eine steigende Zahl von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, vermehrte Hetze gegen Flüchtlinge im Internet, mehr Demonstrationen von Rechten und der NSU‑Prozess zeigen, wie hochaktuell das Thema Rechtsextremismus und Neonazismus ist. Der Sammelband lenkt den Blick auf die neonazistische Szene in Brandenburg, fragt nach ihren Ursprüngen, zeigt ihre Netzwerke auf, geht den Verbindungen zum NSU nach, fragt nach dem Umgang der Behörden mit Rechtsextremismus und ‑terrorismus und gibt einen Ausblick über die möglichen weiteren ...

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Michael Kohlstruck

Rechtsextreme Jugendkultur und Gewalt. Eine Herausforderung für die pädagogische Praxis. Hrsg. von Miteinander e. V. - Netzwerk für Demokratie und Hrsg. Miteinander e. V. - Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt und Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin

Berlin: Metropol 2002; 179 S.; 14,- €; ISBN 3-932482-76-X
„Unmittelbares Ziel dieses Bandes ist die Sensibilisierung von Pädagogen für das relativ junge Phänomen der rechtsextremen Jugendszene und deren Doppelcharakter" (12). Mit Doppelcharakter meint Kohlstruck, dass sich jugendtypisches Verhalten mit politischen und ideologischen Elementen des Rechtsextremismus mischt. Schwerpunktmäßig geht er auf das Bundesland Sachsen-Anhalt ein. Es gelingt dem Autor, auf der Grundlage der umfangreichen Literatur aus Politikwissenschaft, Soziologie und Erziehungswi...

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Tom Mannewitz

Politische Kultur und demokratischer Verfassungsstaat. Ein subnationaler Vergleich zwei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015; 548 S.; 128,- €; ISBN 978-3-8487-2110-8
Habilitationsschrift Chemnitz; Begutachtung: E. Jesse, R. Sturm, N. Werz. – Ist mehr als zwanzig Jahre nach der staatlichen Vereinigung die „innere Einheit“ erreicht? Tom Mannewitz geht dieser Frage nach, indem er sich systematisch mit der politischen Kultur in Deutschland beschäftigt. Auf der einen Seite möchte er wissen, ob es zwischen den alten und den neuen Bundesländern strukturelle Unterschiede hinsichtlich der politischen Werthaltungen und Überzeugungen gibt. Auf der ...

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Museumsverband des Landes Brandenburg (Hrsg.)

Entnazifizierte Zone? Zum Umgang mit der Zeit des Nationalsozialismus in ostdeutschen Stadt- und Regionalmuseen

Bielefeld: transcript Verlag 2015 (Edition Museum 7); 242 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2706-0
Neben der medialen bildet die museale Deutung von Vergangenheit wohl die wichtigste Grundlage für das Entstehen populärer Geschichtsbilder. In den Beiträgen des auf eine Potsdamer Tagung im Oktober 2013 zurückgehenden Sammelbandes wird vor diesem Hintergrund der Umgang mit der NS‑Geschichte vor allem in ostdeutschen Ausstellungshäusern und Gedenkstätten thematisiert. Dies betrifft sowohl die Museumslandschaft der DDR als auch aktuelle Ansätze. Für beide Fälle konstatieren Susanne Köstering und ...

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Matthias Quent / Peter Schulz, unter Mitarbeit von Alexander Thoms, Ulrike Brüdern, Saskia Rieger und Johanna Niendorf

Rechtsextremismus in lokalen Kontexten. Vier vergleichende Fallstudien

Wiesbaden: Springer VS 2015 (Edition Rechtsextremismus); 311 S.; softc., 39,99 €; ISBN 978-3-658-07369-5
Das Buch basiert auf den Befunden des Forschungsprojektes „Rechtsextremismus (‑potenzial) im lokalen Kontext“, dessen Ziel in der Erstellung eines „übersichtlichen, pointierten und standardisierten“ Merkmalskataloges lag, „welcher auf kommunaler bzw. regionaler Ebene vergleichbare Informationen über die Stärke des organisierten und jugendlichen Rechtsextremismus und Neonazismus enthält“ (13). Entsprechend plädieren die Autoren für einen ...

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Rolf Reißig

Die gespaltene Vereinigungsgesellschaft. Bilanz und Perspektiven der Transformation Ostdeutschlands und der deutschen Vereinigung

Berlin: Karl Dietz Verlag 2000; 160 S.; brosch., 12,68 €; ISBN 3-320-02010-2
Der Transformationsprozess, den die neuen Bundesländer seit der deutschen Einigung durchlaufen haben, ist mit hohem Aufwand wissenschaftlich begleitet worden. Reißig, der 1964 bis 1978 als Sozialwissenschaftler an der Universität Leipzig tätig war und jetzt am Brandenburg-Berliner Institut für Sozialwissenschaftliche Studien arbeitet, versucht in dieser Monographie eine doppelte Bilanz von Transformationsprozess und einschlägiger Transformationsforschung. Die Bestandsaufnahme des Einigungsprozes...

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Klaus Schroeder

Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland: Ein Ost-West-Vergleich

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2004; 617 S.; 48,- €; ISBN 3-506-71751-0
Dem komplexen Untersuchungsgegenstand trägt die Studie mit einem ausgefeilten Forschungsdesign Rechnung. Anhand einer Rechtsextremismusskala und einer innovativen Skala „Anti-nichtzivile Einstellungen/Verhaltensweisen" wurden zum einen knapp 900 Schüler in vier Kleinstädten befragt. Ergänzende qualitative Fallstudien in eben diesen Städten sollen Erkenntnisse über Jugendszenen, ihre Interaktionsdynamik und die Wahrnehmung von Gewalt, Rechtsextremismus und Ausländern bringen. Der Untersuchung geh...

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Dietmar Sturzbecher / Andrea Kleeberg-Niepage / Lars Hoffmann (Hrsg.)

Aufschwung Ost? Lebenssituation und Wertorientierungen ostdeutscher Jugendlicher

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012; 237 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-531-17805-9
Vorgestellt werden die neuesten Ergebnisse der Zeitreihenstudie „Jugend in Brandenburg“. Ausgangspunkt ist dabei die quantitativ-empirische Auswertung der siebten landesrepräsentativen Befragung aus dem Jahr 2010. In dieser wurden über 3.000 Jugendliche aus 40 Schulen zu ihrer Lebenssituation, ihren Wertorientierungen, Zukunftserwartungen sowie Einstellungen zu Familie, Freizeit, Gesundheit und Politik befragt. Die empirischen Befunde werden mit den vorherigen Erhebungen verglichen. ...

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Rezension

Die Dresdner „Spaziergänge“, die die „Europäischen Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) seit Oktober 2014 durchführen, haben nicht nur zu einem zwischenzeitlichen Anstieg der Zahl an Anhängern und zur Bildung von ‚Ablegern‘ in anderen Städten geführt, sondern auch einen regen politischen und medialen Diskurs zur Bedeutung und zum Umgang mit dieser Bewegung provoziert. In diesem Band wird zunächst der Frage nachgegangen, warum dieses Phänomen ausgerechnet in Dresden aufgetreten ist. Thematisiert werden ferner die Rollen der Neuen Medien und der Massenmedien.
Matthias Quent trägt mit seiner Dissertation zur Aufklärung über die Radikalisierung des Rechtsextremismus bei, die in den Morden des NSU kulminierte. Bislang sei die Frage, welchen sinnstiftenden Rationalitäten diese Terrorgruppe folgte, wissenschaftlich nicht ausreichend beantwortet. Quent entwirft ein Pyramidenmodell der Radikalisierung, mit dem auch die Bedeutung der Sympathisanten berücksichtigt wird. Die Taten des NSU deutet er als einen vigilantistischen Terrorismus, der sich rassistisch rechtfertigt.