/ 22.06.2013
Christoph Kühberger / Clemens Sedmak (Hrsg.)
Europäische Geschichtskultur – Europäische Geschichtspolitik. Vom Erfinden, Entdecken, Erarbeiten der Bedeutung von Erinnerung und Geschichte für das Verständnis und Selbstverständnis Europas
Innsbruck/Wien/Bozen: Studien Verlag 2009; 298 S.; 34,90 €; ISBN 978-3-7065-4701-7Die Bedeutung kollektiver Geschichtspolitik und ihrer jeweiligen Erinnerungsorte zur Etablierung und Stabilisierung nationaler Identitäten erscheint erschöpfend erforscht. Anders verhält es sich, wenn nach den europäischen Koordinaten gefragt wird, die nicht nur in den jeweiligen nationalen Geschichtsdiskursen aufscheinen, sondern darüber hinaus den Rahmen einer europäischen Geschichtskultur bilden. Der Band füllt diese Forschungslücke. Darin werden die metahistorischen Sinnbildungsangebote analysiert, die aus der Geschichte für eine supranationale, europäische Gegenwart und Zukunft erwachsen. Die Herausgeber richten ihren Blick auf drei unterschiedliche, übergeordnete Dimensionen europäischer Geschichtskultur und -politik: Im ersten Teil des Bandes „Erinnerung – Orte – Ethik“ werden die konkreten räumlichen Strukturen einer gemeinschaftlichen Europaerinnerung verhandelt, die überwiegend in einem spannungsreichen und engen Bezug zum Zweiten Weltkrieg steht. Im zweiten Teil geht es um „Europäische Diskurse“, d. h. die offiziellen und öffentlichen Manifestationen europäischer Geschichtspolitik, wie sie sich in politischen Reden oder Gesetzestexten niederschlagen. Die Analyse der EU-Gründungsverträge, die Gaisbauer in seinem Beitrag „Funktionen geschichtlicher Erzählungen in den Präambeln des europäischen Primärrechts“ (116) leistet, verdeutlicht die Schwierigkeiten, über die Geschichtsschreibung eine tragfähige Legitimationsbasis der Europäischen Union zu schaffen. Im Schlussteil, der den Titel „Historische Arbeit“ trägt, wird anhand einzelner Disziplinen, wie der Archäologie, oder aber übergeordneter theoretischer Fragestellungen, etwa nach der Qualität einer „europäischen Moderne“, die Tragfähigkeit transnational europäischer Geschichtskultur für eine ebensolche transnationale Identität diskutiert. Die in dem Band geleistete theoretische Annäherung ebenso wie die einzelnen Fallstudien bieten einen sehr gut strukturierten Überblick über das bereits weit ausdifferenzierte Forschungsfeld europäischer Geschichtskultur(en).
Eva Voß (EV)
Dr., Politikwissenschaftlerin, Senior Referentin für Diversity Management bei der Bertelsmann AG.
Rubrizierung: 3.1 | 3.4 | 2.23 | 2.5 | 2.61 | 2.331 | 2.35
Empfohlene Zitierweise: Eva Voß, Rezension zu: Christoph Kühberger / Clemens Sedmak (Hrsg.): Europäische Geschichtskultur – Europäische Geschichtspolitik. Innsbruck/Wien/Bozen: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32389-europaeische-geschichtskultur--europaeische-geschichtspolitik_38650, veröffentlicht am 02.08.2010.
Buch-Nr.: 38650
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Dr., Politikwissenschaftlerin, Senior Referentin für Diversity Management bei der Bertelsmann AG.
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