Der (vergebliche) Versuch, sich selbst zu legitimieren. Aber die G20 kann und sollte internationale Aufgaben nicht allein lösen
Transnationale Kooperation sei zwar notwendig, ist Jennifer Gronau überzeugt, die G20 aber sicher nicht das bestmögliche Forum – zu wünschen wäre vielmehr eine entsprechende Reform der Vereinten Nationen. In diesem Interview identifiziert die Politikwissenschaftlerin die Modi der Selbstlegitimation, über die die G20 ihren Anspruch vertritt, für die ganze Welt zu sprechen. Diese Selbstlegitimation stoße aber auf vielfältigen Widerspruch.
Im Rahmen ihrer Dissertation erforschte Dr. rer. pol. Jennifer Gronau die verbalen und visuellen Legitimationspraktiken der G8 und G20 zwischen 1975 und 2015. Ihre Studie ist unter dem Titel „Die Selbstlegitimation internationaler Institutionen. G8 und G20 im Vergleich erschienen1. Im Jahr 2009 war die Politikwissenschaftlerin als G8- und G20-Gipfelbeobachterin in Toronto aktiv. Ihre Forschungsergebnisse publizierte sie unter anderem in der Zeitschrift für Internationale Beziehungen und der Review of International Studies.
In diesem Interview mit der Redaktion geht sie unter anderem auf das Konzept und den Prozess der Selbstlegitimation ein und identifiziert dabei drei Modi, die sie im Zeitverlauf untersucht. Grundsätzlich hält Gronau transnationale Kooperation zwar für absolut notwendig, doch ist sie nicht davon überzeugt, dass mit der G20 das bestmögliche Forum besteht – das gilt sowohl im Hinblick auf die Zusammensetzung und die Interessenvertretung von Menschen als auch für die gefundenen Lösungen für die Probleme unserer Zeit.
Da die Vereinten Nationen derzeit nicht die notwendigen Strukturen bereithalten und vor allem nicht die notwendige politische Unterstützung erfahren, um sich den Aufgaben der G20 stellen zu können, hält Gronau Reformschritte bei den VN für notwendig. Damit eine nachhaltige positive Wirkung vom Hamburger G20-Gipfel ausgehen kann, müsse sich die G20 mit dem Thema Flucht und Migration nicht nur beschäftigen, sondern auch humanitäre Antworten finden sowie konkrete Aktionspläne offerieren.
Sabine Steppat: Frau Dr. Gronau, Sie haben sich in mehreren Publikationen, unter anderem in Ihrer Dissertation, mit der Frage der Legitimation der G20 beschäftigt und in diesem Kontext den Begriff der Selbstlegitimation geprägt. Was genau verstehen Sie darunter?
Jennifer Gronau: Es geht mir mit dem Begriff der Selbstlegitimation darum, politische Akteure als aktive Gestalter*innen des sie umgebenden Legitimationsgeschehens zu interpretieren und hierfür ein analytisches Instrument zu gewinnen. Mit dem Blick auf die Legitimationsaktivitäten politischer Institutionen möchte ich dazu einladen, Legitimation als interaktiven Aushandlungsprozess um die normative Anerkennungswürdigkeit politischer Ordnungen zu interpretieren.
Mit dieser Perspektive wird die empirische Legitimationsforschung, die ja primär auf Protest- und Wahlverhalten sowie die Legitimationsaussagen von Bürger*innen und Interessenvertretungen fokussiert, ergänzt um den analytischen Blick auf das legitimatorische Engagement der politischen Institutionen selbst in dem sie umgebenden Legitimationsgeschehen. Ein Beispiel: Unsere Werturteile über die G20 entstehen ja nicht im luftleeren Raum. Der Kontext, in dem wir zu unseren normativen Urteilen über politische Ordnungen wie die G20 kommen, wird neben vielen anderen Aspekten durch die veröffentlichten Selbstdarstellungen der G20 geprägt – und diese Selbstdarstellung ist niemals wertneutral, sondern wird von der G20 aktiv auf die vermeintliche Einhaltung, Durchsetzung oder Förderung normativer Standards wie Repräsentativität, Transparenz oder Nachhaltigkeit gestützt.
Wenn wir also verstehen wollen, wie Legitimationskrisen entstehen und welchen Beitrag politische Ordnungen zum (temporären) Erhalt oder Verlust ihrer Legitimität leisten, müssen wir sowohl auf die Legitimationsaktivitäten der Menschen, der Nicht-Mitgliedstaaten und so weiter als auch auf die der politischen Ordnungen beziehungsweise der „Herrschaftstragenden“ selbst schauen.
Die Perspektive der Selbstlegitimation ist bereits in vielen Schriften, die sich der empirischen Legitimationsforschung zuordnen lassen, enthalten – etwa bei Max Weber, Rodney Barker und Ian Clark. Es ging mir darum, das interaktive Verständnis von Legitimation und die damit notwendige Einführung dieses Konzepts der Selbstlegitimation theoretisch zu begründen und das Konzept in eine empirische Analyse zu übertragen. Als Beispiel hierfür habe ich die beiden äußerst umstrittenen informellen intergouvernementalen Institutionen G7 und G20 gewählt. Ein erhoffter Nebeneffekt war zudem, die Genese, die Arbeitsweisen und vor allem die legitimatorischen Aktivitäten der G7 und die G20 detailliert kennenzulernen, um die beiden Institutionen kritisch beobachten zu können.
Sabine Steppat: Wie und mit welchen Mitteln vollzieht sich diese Selbstlegitimation?
Jennifer Gronau: Ich habe drei Modi der Legitimation vorgeschlagen und vergleichend im Zeitverlauf untersucht:
Ausgehend von bisherigen Studien unterscheide ich erstens zwischen der Legitimationsrhetorik sowie zweitens den institutionellen Legitimationspolitiken einer politischen Ordnung. Legitimationsrhetorik bezieht sich auf die wertbasierten Elemente der öffentlichen Kommunikation einer politischen Ordnung. Fragen in diesem Zusammenhang können lauten: Wie wird mittels Schrift- und Sprechsprache von der G20 – um bei unserem Beispiel zu bleiben – versucht, uns normativ von ihrer Existenzberechtigung zu überzeugen? Der analytische Blick auf die Legitimationsrhetorik richtet sich im Rahmen meiner Analyse auf offizielle Erklärungen, kann sich aber je nach Gegenstand auf offizielle Homepages und Social-Media-Aktivitäten politischer Institutionen und so weiter richten.
Der zweite Modus, institutionelle Legitimationspolitiken, wird zwar auch mittels Schrift- und Sprechsprache eingeführt und normativ begründet. Legitimationspolitiken kennzeichnen sich aber vor allem dadurch aus, dass sie institutionelle Veränderungen mit sich bringen. Ein Beispiel: Die Einführung einer strukturierten Rechenschaftslegung der G7 gegenüber der Öffentlichkeit in Form von themenfokussierten Berichten bedurfte der Benennung von Verantwortlichen für diesen Prozess, der Einrichtung von Accountability Working Groups und so weiter.
Ein dritter und damit letzter von mir vorgeschlagener Modus ist die nonverbale oder auch visuelle Selbstpräsentation zum Beispiel in Form von autorisierten Gipfelfotografien, Logos oder auch der Gestaltung von Geschenkartikeln, die im Falle der G7 und der G20 an die Gipfelgäste sowie die politische und die journalistische Entourage vergeben werden. Hier war im Kontext der G20 übrigens spannend zu sehen, wie nach der Selbsternennung der G20 zum „premier forum for our global cooperation“ im Nachgang der Finanzkrise ab 2008 ein wiederkehrendes Motiv den Hintergrund der autorisierten Gruppenfotografien schmückte: eine stilisierte Weltkarte. Wenn dann die Mitglieder der G20 in Persona der 19 Staats- und Regierungschef*innen sowie der EU vor dieser Weltkarte stehen, sagen mir diese wiederkehrenden Fotos: „Seht her, wir haben die Welt im Rücken, wir repräsentieren sie und wir stehen für sie“. Das ist natürlich ein merkwürdiger Repräsentativitätsanspruch, den die G20 für sich reklamiert – und von welchem viele Menschen, Nicht-Mitgliedstaaten und andere politische Institutionen offenkundig nicht überzeugt sind.
Sabine Steppat: Wie ließe sich die Legitimation der G20 stärken?
Jennifer Gronau: Da muss ich schmunzeln. Ich bin ja nicht nur Politikwissenschaftlerin und ein Teil in mir weigert sich, der G20 diesbezüglich einen Rat zu geben. Wobei ich transnationale Kooperation für absolut notwendig halte. Eine positive Bedeutung der G20 sehe ich am ehesten in ihrer Bereitstellung einer Struktur, die das persönliche Gespräch zwischen einzelnen Staats- und Regierungschef*innen mal ohne die ganzen Ja-Sager*innen ermöglicht. Denn reden und miteinander im Gespräch bleiben ist absolut wichtig. Die G20 bietet somit das Potenzial, den einen oder anderen zwischenstaatlichen Konflikt zu entspannen.
Ich bin nur nicht überzeugt davon, dass wir mit der G20 bereits das bestmögliche Forum, die bestmögliche Struktur sowohl im Hinblick auf die Zusammensetzung und die Interessenvertretung von Menschen als auch im Hinblick auf die angebotenen Lösungen zu den drängenden Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die G20 war 2008 mit Beginn der Finanzkrise und den in einigen Ländern nachfolgenden Schuldenkrisen halt als Forum der Finanzminister*innen und Zentralbanker*innen da und musste nur „aufgewertet“ werden.
Das allein überzeugt mich nicht – und auch noch nicht die Reformbemühungen der G20 von 2011 wie die Einführung des Troika-Systems – einer Art Staffelübergabe zwischen der vorherigen, der aktuellen und der zukünftigen Präsidentschaft – oder die Einführung einer kriteriengeleiteten Einladungspolitik, durch welche unter anderem die Repräsentanz des afrikanischen Kontinents über die Afrikanische Union und die Initiative New Partnership for African Development gestärkt werden soll. Mir reicht das noch nicht, weil es zwar richtig ist, die selbstgewählten Vertreter*innen des afrikanischen Kontinents einzubeziehen und die G20-Staaten aufgrund ihres Schwergewichts in der Weltwirtschaft diejenigen sind, die das System maßgeblich gestalten. Aber wie kann sinnvoll über einen „G20 Compact with Africa“, ein zentrales Thema auf dem G20-Gipfel, nachgedacht werden und wie kann ein solches Programm vor allem nachhaltige Unterstützung bei den betroffenen Staaten finden, wenn diese nicht ausführlich am Zustandekommen beteiligt sind?
Ganz allgemein gesprochen tun politische Ordnungen indes gut daran, die normativen Erwartungen ihrer Constituencies in aller Breite und Tiefe zu kennen und sich diesen zu verpflichten – also auch fantasievolle und konstruktive Lösungsvorschläge von weniger stark vermachteten Akteuren und Menschen aufzugreifen. Auch sollten sie mit den drei Modi ihrer Selbstlegitimation keine widersprüchlichen Legitimationssignale senden – wie im Kontext der damaligen G8 Ende der 1990er-Jahre durch autorisierte Gipfelfotografien mit hohem Freizeit- und Showcharakter geschehen. Die Fotos der Staats- und Regierungschef*innen der G8 von Besuchen bei Rodeo-Rennen, in einer Kneipe zum gemeinsamen Kölsch-Trinken und so weiter haben die Kritik an der G8 als eine „Party der Reichen“ gefördert und die Glaubwürdigkeit der G8 nachhaltig geschädigt.
Sabine Steppat: Sind Sie der Meinung, dass die Vereinten Nationen mittelfristig die Aufgaben der G20 übernehmen werden?
Jennifer Gronau: Ein Nachdenken über das aktuelle und das zukünftige Verhältnis zwischen den Vereinten Nationen und der G20 – und ganz allgemein über eine Weltwirtschaftsarchitektur, die nicht nur dem Anspruch nach dem Wohle aller Menschen dient – ist extrem wichtig. Dieses auszuloten und den politischen Konflikt hierüber zu führen sollte doch letztlich die basale Zielstellung von Politik und Wirtschaft sein. Viele Themen der G20 werden ja bereits und teilweise über Jahrzehnte von den Vereinten Nationen bearbeitet. Auch gab es mit dem Aufkommen der Finanzkrise 2008 Bestrebungen, die gemeinsame Bearbeitung in den Rahmen der VN zu legen. Das war politisch jedoch nicht gewollt. Mit thematischen Überschneidungen sind aber noch keine Aufgaben bewältigt.
Als selbstproklamierter Katalysator der internationalen Politik ist die G20 theoretisch in der Lage, den Diskussionen im Rahmen der VN den Weg zu ebnen, indem hochgradig belastete Themen wie der Klimaschutz in einem informellen Gesprächsrahmen vorverhandelt werden. Dass die Interessen von nicht-inkludierten Staaten und Menschen seit 2011 über die regelmäßige Einladung regionaler Organisationen wie AU, ASEAN und NEPAD zu den G20-Gipfeln gewahrt werden sollen ist, wie oben beschrieben, zwar normativ löblich, aber nicht weitreichend genug. Eine Repräsentation ganzer Weltregionen oder Staatengruppen über die lokalen „Champions“ bleibt eben eine solche und ist von dem Kernprinzip der VN-Generalversammlung „ein Land, eine Stimme“ weit entfernt – mal ganz abgesehen davon, dass auch nationalstaatliche Regierungen nicht notwendigerweise die Interessen von Menschen vertreten oder den Pluralismus in ihren Gesellschaften wiederspiegeln.
Es muss aber Lösungen geben, bei der die vermeintlichen Trade-offs bei der Wahl von Politikformaten vermieden werden können und sich Settings optimal ergänzen – also nicht entweder mit informellen Settings wie der G20 geringere Transparenz und Partizipation in Kauf zu nehmen oder im Falle der VN eine geringere oder zumindest langwierigere Handlungsfähigkeit mangels Flexibilität. Derzeit fehlt es der VN aber einfach an politischer Unterstützung und die Gefahr, dass die Legitimität der VN durch die G20 zusätzlich geschwächt werden könne, wurde von Gruppierungen wie der Global Governance Group (3G) klar benannt.
Auch müssten sich die Vereinten Nationen Strukturen schaffen, die Flexibilität und ein gewisses Maß an informeller Verhandlungsatmosphäre ermöglichen, ohne dabei ihre Grundsätze aufgeben zu müssen. Ein diskussionswürdiger Vorschlag von Robert Wade und Jakob Vestergaard ist die Etablierung eines World Economic Councils, eine Art Delegationssystem, welches sich in bis zu fünfundzwanzig Constituencies beziehungsweise Untergruppen gliedert und an die VN angedockt ist. Um auf die Ursprungsfrage zurückzukommen: Noch halten die VN vielleicht nicht die handlungsfähigen Strukturen bereit und erfährt vor allem nicht die notwendige politische Unterstützung, um sich nicht nur den Themen, sondern auch den Aufgaben der G20 stellen zu können.
Sabine Steppat: Die Bundesregierung bezeichnet die G20 als „zentrales Forum zur internationalen Zusammenarbeit in Finanz- und Wirtschaftsfragen“. Stimmen Sie dieser Aussage zu?
Jennifer Gronau: Empirisch ist das so, die G20 wird derzeit von ihren Mitgliedern als das zentrale Forum für diesen Themenbereich bespielt. Regional ließe sich dies nochmal ausdifferenzieren und nach der jeweiligen finanz- und wirtschaftspolitischen Bedeutung für die jeweiligen Regionalstaaten fragen. Dadurch würde sich das Bild sicherlich relativieren. Für Ghana beispielsweise ist die Afrikanische Union sicherlich wichtiger als die G20; für die beim G20-Gipfel vertretenen Staaten Senegal (als Repräsentant der Initiative New Partnership for African Development) und Guinea (als Repräsentant der AU) sieht es dann durch die Zusammenarbeit im Rahmen der G20 vielleicht schon wieder anders aus.
Sabine Steppat: Ist davon auszugehen, dass der Gipfel in Hamburg eine nachhaltige positive Wirkung im Hinblick auf die faire Gestaltung der Globalisierung haben wird?
Jennifer Gronau: Nein. Lassen sie mich zur Begründung ein aktuelles Thema wählen, dass auch im Rahmen einer der drei thematischen Säulen auf dem G20-Gipfel in Hamburg zentral verhandelt wird. Ein drängendes Thema nicht nur für Europa, sondern weltweit, sind Fluchtbewegungen und das Sterben von Geflüchteten auf dem Mittelmeer und in Wüsten. Selbst wenn wir für einen Moment alle kritischen Aspekte (und potentiellen Lösungsmöglichkeiten) im Hinblick auf die Zusammensetzung und die Struktur der G20 beiseiteschieben und sie als das derzeit gesetzte Forum für transnationale Kooperation in Finanz- und Wirtschaftsfragen nehmen, verspreche ich mir zumindest in dieser zentralen Frage wenig bis keine positiven Wirkungen.
Ich wünsche mir, dass alternativen Lösungsideen zum Beispiel aus der Zivilgesellschaft und aus den Erfahrungen der transnationalen Vernetzung ehrenamtlicher Initiativen seitens der G20 (sowie der EU) mehr Gehör geschenkt wird. Die G20 hat politisches Gewicht und kann deshalb eine wichtige Signalgeberin sein. Aber sie muss sich auch die richtigen Fragen stellen und die richtigen Signale senden – und welche dies sind ist natürlich streitbar und um genau diesen Streit muss es doch gehen.
Für mich wäre eine nachhaltige positive Wirkung des G20-Gipfels in Hamburg zum Beispiel dann gegeben, wenn sich die G20 dem Thema Flucht und Migration nicht nur aus einer ökonomischen und finanzpolitischen Perspektive nähert und/oder mit Sicherheitsthemen verknüpft, sondern wenn es auch humanitäre Antworten und konkrete Aktionspläne hierzu gibt. Und hierfür müssten natürlich die Perspektiven der von Flucht und Migration Betroffenen gehört werden.
Mich beeindruckt die Begründung eines Familienvaters, der sich auf dem Mittelmeer in der zivilgesellschaftlichen Seenotrettung engagiert. Er begründete seinen Einsatz in einem Interview damit, seinen Kindern später bei der Frage „Wo warst du bei dem großen Sterben im Mittelmeer?“ ins Gesicht schauen zu können.
In diesem Sinne sollte eine zentrale Frage an die G20 in Hamburg sein: Wo seid ihr? Und hier erhoffe ich mir neben den Diskussionen zu Fluchtursachen wie Klimawandel und dessen Folgen oder Terrorismus und Krieg eine humane, nachhaltige Lösung wie die Einrichtung sicherer Fluchtwege, eine aktive, staatlich organisierte Seenotrettung und ein Nachdenken darüber, wem die Fluchtbewegungen nutzen und welche alternativen Einnahmequellen all denen, die an Flucht verdienen, zur Seite gestellt werden können.
Derzeit muss es uns ja fast wie ein politisches Kalkül erscheinen, dass sich die zivilgesellschaftliche Seenotrettung auf dem Mittelmeer trotz ihrer Warnsignale über das Ende ihrer Aufnahmekapazitäten von staatlichen Akteur*innen im Stich gelassen fühlen muss. All diese Menschen werden die EU und die G20 aufgrund ihres Verlusts ihrer Glaubwürdigkeit bezüglich einer fairen Gestaltung der Globalisierung so nicht für sich gewinnen können. Ich denke, das werden die diversen Proteste und der Alternative Gegen-Gipfel in Hamburg auch deutlich thematisieren. Und die Zusammenhänge zwischen der Politik der G20-Staaten und der bisweilen lebensbedrohlichen Situation von Menschen ist ja andernorts gut aufgearbeitet worden und wesentlicher Teil der Proteste. Ich bezweifle, dass die G20 in ihrer derzeitigen Zusammensetzung und ihrer derzeitigen Politik Teil der Lösung der von ihren Mitgliedstaaten mit verursachten Probleme sein kann.
1 Die bibliografischen Angaben des Buches sowie die Rezension finden sich in der rechten Spalte.
Veröffentlichungen von Frau Dr. Jennifer Gronau zum Themenbereich (Stand: Juli 2017)
Begutachtete Zeitschriftenbeiträge (peer-reviewed)
2016
„Signaling Legitimacy. Self-Legitimation by the G8 and the G20 in Times of Competitive Multilateralism”, World Political Science, 12 (1), 107–145.
2015
„The Quest for Legitimacy in World Politics: International Institutions’ Legitimation Strategies”, Review of International Studies, 42 (3), 535–557 (mit Henning Schmidtke).
„Die Welt im Rücken: Die Selbstlegitimation der G8 und der G20 in Zeiten multilateraler Konkurrenz“, Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 22 (2), 34–67.
2012
„Die Legitimationsbemühungen internationaler Institutionen“, in: Geis, Anna/Nullmeier, Frank/Daase, Christopher (Hrsg.), Der Aufstieg der Legitimitätspolitik: Rechtfertigung und Kritik politisch-ökonomischer Ordnungen, Leviathan (Sonderband 27), 171–189 (mit Dominika Biegon).
2009
„Spiele ohne Brot? Die Legitimationskrise der G8“, Leviathan, 37 (1), 117–143 (mit Martin Nonhoff, Frank Nullmeier und Steffen Schneider).
„Zur Politisierung internationaler Institutionen: Der Fall G8“, Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 16 (2), 237–268 (mit Martin Nonhoff, Frank Nullmeier und Steffen Schneider).
Monografie
2015
Die Selbstlegitimation internationaler Institutionen: G8 und G20 im Vergleich, Frankfurt a. M.; New York: Campus.
Projektmonografien
2014
Marktwirtschaft in der Legitimationskrise? Ein internationaler Vergleich, Frankfurt a. M.; New York: Campus (mit Frank Nullmeier, Dominika Biegon, Sebastian Haunss, Henning Schmidtke und Steffen Schneider).
2010
Prekäre Legitimitäten: Rechtfertigung von Herrschaft in der postnationalen Konstellation, Frankfurt a. M.; New York: Campus (mit Frank Nullmeier, Dominika Biegon, Martin Nonhoff, Henning Schmidtke und Steffen Schneider).
Herausgeberschaften
2017 (im Erscheinen)
Capitalism and its Legitimacy in Times of Crisis, Basingstoke: Palgrave Macmillan (mit Sebastian Haunss, Henning Schmidtke und Steffen Schneider).
Beiträge auf Einladung
2012
„Democracy in the Age of Global Governance”, Journal of Social Democracy, 2012 (3), 22–24 (mit Henning Schmidtke).
2010
„Aus den Nachteilen der G8 lernen“, Zeit online, 15. Juni 2010, http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-06/g20-legitimitaet.
2009
„Metaphorical Concepts in the Construction of International Legitimacy”, International Political Science Association Working Paper Series of the Committee on Concepts and Methods, 2009 (37) (mit Steffen Schneider).
Buchkapitel und Arbeitspapiere
2017 (im Erscheinen)
„Metaphorical Anticapitalism: Regulation, not Transformation”, in: Schneider, Steffen/Schmidtke, Henning/Haunss, Sebastian/Gronau, Jennifer: Capitalism and its Legitimacy in Times of Crisis. Basingstoke: Palgrave Macmillan.
„From Critical Juncture to Status Quo: A Discursive Explanation of Capitalism’s Resilience in Times of Crisis”, in: Schneider, Steffen/Schmidtke, Henning/Haunss, Sebastian/Gronau, Jennifer: Capitalism and its Legitimacy in Times of Crisis. Basingstoke: Palgrave Macmillan (zusammen mit Sebastian Haunss).
2014
„Metaphern und die Reichweite der Kapitalismuskritik: Regulierung statt Transformation“, in: Nullmeier, Frank/Biegon, Dominika/Gronau, Jennifer/Haunss, Sebastian/Lenke, Falk/ Schmidtke, Henning/Schneider, Steffen: Marktwirtschaft in der Legitimationskrise? Ein internationaler Vergleich. Frankfurt a.M.; New York: Campus, 141–170.
„Das Unbehagen in der Marktökonomie“, in: Nullmeier, Frank/ Biegon, Dominika/Gronau, Jennifer/Haunss, Sebastian/ Lenke, Falk/Schmidtke, Henning/Schneider, Steffen: Marktwirtschaft in der Legitimationskrise? Ein internationaler Vergleich. Frankfurt a. M.; New York: Campus, 219–226 (mit Frank Nullmeier).
2012
„Die Freiheit des Subjekts im Diskurs: Anmerkungen zu einem Verhältnis der Gleichursprünglichkeit“, in: Keller, Reiner/ Schneider, Werner/Viehöver, Willy (Hg.), Diskurs – Macht – Subjekt: Theorie und Empirie von Subjektivierung in der Diskursforschung, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 109–130 (mit Martin Nonhoff).
2010
„Diskurskulturen und die Legitimation (inter-)nationaler politischer Ordnungen. Mediale Legitimationskurse in vier westlichen Demokratien“, in: Hepp, Andreas/Wimmer, Jeffrey (Hrsg.), Medienkultur im Wandel, Konstanz: UVK, 151-168 (mit Dominika Biegon, Frank Nullmeier, Martin Nonhoff, Henning Schmidtke und Steffen Schneider).
Außen- und Sicherheitspolitik