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Aus den Denkfabriken / 22.05.2017

Der Traum von einer neuen Weltordnung. Die chinesische Außenpolitik im Spiegel aktueller Analysen

Die ideologischen Leuchtfeuer, an denen sich die chinesische Außenpolitik orientiert, haben gewechselt – von der „harmonischen Gesellschaft“ ist nun weniger die Rede. Die Vorstellung von einem starken Staat, getragen vom Nationalismus, und das Streben nach einer Weltordnung, die nicht mehr (allein) von den USA strukturiert wird, prägen die Politik von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Diese Verschiebung hat Folgen: Die nach wie vor propagierte Friedfertigkeit wird zunehmend konterkariert durch Chinas deutlich zur Schau getragene Unnachgiebigkeit in den Territorialkonflikten im Südchinesischen Meer. Entstanden sind damit im asiatisch-pazifischen Raum neue sicherheitspolitische Spannungen.

tiananmenAuf dem Tiananmen, Beijing. Foto: Natalie Wohlleben

 

Die gegenwärtige chinesische Außenpolitik zeigt sich widersprüchlich. Seit ihrem Beitritt zur WTO 2001 engagiert sich die Volksrepublik verstärkt in der Weltwirtschaft, hat in Lateinamerika bilaterale Handelsabkommen abgeschlossen, sich Kooperationspartner in Afrika gesucht, die Kontakte zu Russland intensiviert, ist in den USA zum stärksten Direktinvestor aufgestiegen und hat Europa zum Ziel einer neuen Seidenstraße erkoren. Zunächst sah es dabei so aus, als würde das seit Deng Xiaoping geltende Diktum, jegliche Außenpolitik sei friedlich und diene allein dem wirtschaftlichen Fortkommen des Landes, unverändert Bestand haben. Aber die ideologischen Leuchtfeuer haben gewechselt, von der harmonischen Gesellschaft, die unter Hu Jintao als Leitbild ausgegeben worden war, ist nun weniger die Rede. Ein starker Staat, getragen vom Nationalismus, und das Streben nach einer Weltordnung, die nicht mehr (allein) von den USA strukturiert wird, prägen nun die innere wie äußere Politik – Staats- und Parteichef Xi Jinping, der 2017 seit fünf Jahren an der Spitze der Macht steht, hat ihre Prägung verändert. Diese Verschiebung hat Folgen: Die propagierte Friedfertigkeit wird zunehmend konterkariert durch Chinas deutlich zur Schau getragene Unnachgiebigkeit in den Territorialkonflikten im Südchinesischen Meer – bis hin zur Ignoranz gegenüber der internationalen Seerechtsprechung. Entstanden sind damit sicherheitspolitische Spannungen im asiatisch-pazifischen Raum, deren Klärung aussteht. Ein bedeutender Einflussfaktor wird dabei die Politik der Trump-Administration sein.

Die komplexe wirtschaftliche und politische Situation Chinas, die Absichten in der Innen- wie Außenpolitik, aber auch die Widersprüche, Hindernisse und neuen Herausforderungen – auch durch die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und den angekündigten Brexit – lassen sich anhand einiger aktueller Analysen nachvollziehen. In der Zusammenschau zeigt sich, wie weit außenpolitischer Anspruch und Realität auseinanderliegen.

Die innenpolitischen Determinanten

Dass die Neuausrichtung der chinesischen Außenpolitik ohne die innenpolitischen wie wirtschaftlichen Determinanten nicht zu verstehen wäre, wird in dem Forschungspapier „The Critical Transition: China’s Priorities for 2021“ von Kerry Brown et al. gezeigt. Es ist im Februar 2017 von dem britischen Thinktank Chatham House veröffentlicht worden und dient explizit auch der Beratung der britischen Regierung, die sich mit dem Brexit in ihrer Außenpolitik gänzlich geänderten Bedingungen wird stellen müssen. Im Beitrag „China’s Leadership and Domestic Politics“ problematisiert Rod Wye zunächst die Herausforderungen, mit denen sich die Führung des Landes konfrontiert sieht: Das wirtschaftliche Wachstum ist dabei, sich zu verlangsamen, gleichzeitig sind soziale wie Umweltprobleme unübersehbar geworden und die peripheren Regionen in ihrer Entwicklung deutlich abgehängt. Für Staats- und Parteichef Xi Jinping – der immer noch weit davon entfernt sei, ein einzelner autoritärer Führer zu sein – stelle sich vor diesem Hintergrund die Aufgabe, die Macht der Kommunistischen Partei den Veränderungen anzupassen und damit zu erneuern. Der Autor zeigt auf, dass die Anti-Korruptionskampagne ein zentrales Mittel ist, um sich der Loyalität der Funktionäre zu versichern – was von Bedeutung ist, soll die Partei ihrem Anspruch als Avantgarde, die die neuen Herausforderungen meistern kann, gerecht werden. Ohne Zweifel sei, dass die Partei auf ihrem Machtmonopol bestehen werde, abweichende Meinungen würden auch in Zukunft unterdrückt. Den Gerichten würden deshalb auch nur Einzelfallentscheidungen zugestanden, die Partei lasse nach wie vor nicht zu, dass ihre Entscheidungen durch einen Rechtsstaat eingeschränkt würden.

Peter Ferdinand deutet in seinem Aufsatz „Westward ho – the China dream and ‚one belt, one road’: Chinese foreign policy under Xi Jinping” (International Affairs Vol. 92, 4/2016) die Anforderungen, die von der Innenpolitik an die Außenpolitik gestellt werden, ähnlich – „‚China Dream‘“ (942) sei das Leitbild, auf das die Xi-Administration ihre Politik ausrichte. Geschaffen werde eine Meistererzählung, so zitiert Ferdinand aus einer Arbeit von Kerry Brown, die mehr biete als das Versprechen auf Wohlstand: Die Partei versuche erneut, Ideale und Hoffnungen an sich rückzubinden. „The notion of the China Dream is a clever negotiation between collective identity and individual aspirations.” (945) Der Anspruch, ein sozialistisches System zu sein, werde damit aufrechterhalten – wobei die soziale Marktwirtschaft nach europäischem Muster mit Interesse beobachtet werde.

Die neue geopolitische Rolle

Kerry Brown skizziert im zweiten Beitrag im Chatham-House-Forschungspapier den Weg der chinesischen Außenpolitik bis 2021. Unübersehbar sei, dass das Land auf der internationalen Bühne – vor allem in Asien – eine größere Rolle anstrebe, wobei sich wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen immer stärker verzahnten. Im ökonomischen Bereich halte die Volksrepublik Ausschau nach Partnern, die bei ihrer weiteren Entwicklung hin zu einer Wirtschaft, in der nicht mehr nur produziert, sondern auch kreativ gedacht und erfunden werde, hilfreich sein könnten. Dennoch verlasse sich die Führung nicht mehr darauf, ihre Legitimität allein auf die ökonomische Leistung zu stützen, sondern ziehe dazu jetzt auch ihr diplomatisches Können und die außenpolitische Anerkennung heran – „fired by the manipulation of Chinese nationalistic sentiment“ (8). Als Ergebnis habe China seine Position gegenüber Japan, Taiwan und im Südchinesischen Meer verhärtet.

In den Territorialkonflikten im Südchinesischen Meer zeigt sich besonders deutlich, von welch großer Bedeutung die Rolle der USA als Sicherheitsmacht im pazifisch-asiatischen Raum ist: Fehle es an Gegendruck durch die USA, schreibt Bill Hayton in dem Chatham-House-Beitrag „China and the South China Sea“, verfolge China eine ‚Salami-Taktik‘, um in kleinen Schritt die eigene Dominanz in der Region auszubauen. Es gehe also weniger um die realen Felsen, sondern um Status.

Parallelstrukturen in der internationalen Ordnung

In anderen Publikationen reicht die Diagnose viel weiter: China verfolge eine Schatten-Außenpolitik und fordere mit dem Aufbau von Parallelstrukturen die internationale Ordnung heraus, heißt es im China Monitor (Nummer 18, 23. September 2014), herausgegeben vom Mercator Institute for China Studies (merics). Moritz Rudolf, Mikko Huotari, Johannes Buckow und Sebastian Heilmann verdeutlichen diese Aussage in einer tabellarischen Gegenüberstellung der Institutionen und Abkommen, mittels deren die Volksrepublik eigene Strukturen – die sie auf sich ausrichtet – zu etablieren versucht. In dieser Aufstellung wird unterschieden in:

• Finanz- und Währungspolitik (zum Beispiel: BRICS New Development Bank als Gegenstück zur Weltbank und regionalen Entwicklungsbanken)
• Handels- und Investitionspolitik (verschiedene Freihandelsabkommen)
• transregionale Infrastrukturprojekte (wie der Nicaragua-Kanal)
• Sicherheit (Shanghai Cooperation Organisation)
• Technologie (eigene Hardware-, Software- und Verschlüsselungsstandards)
• diplomatische Foren (BRICS-Gipfeltreffen; chinesische Regionalforen).

Die Autoren sind der Ansicht, dass im weltweiten Handel und bei Infrastrukturfinanzierungen „die Konkurrenz durch chinazentrierte Parallelmechanismen bereits greifbar“ ist. „Diese Entwicklung schwächt die zuvor dominierende Position westlicher Währungen und westlich dominierter internationaler Organisationen.“ (9)

Mikko Huotari unterstreicht in seinem Blogbeitrag „Preparing (for) China’s vision of international order“ (merics, 23. Februar 2016) noch einmal die expliziten Absichten, die hinter dieser Politik stehen: Die gegenwärtige, von den USA gestützte Weltordnung basiere, so wird eine hochrangige chinesische Politikerin zitiert, auf drei Säulen: „the American/Western value system, the US-led military aligment system and international institutions such as the United Nations“ – die ersten beiden dieser drei Säulen weise man zurück. Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten werden die konkreten Ansprüche, eine neue Weltordnung anzuführen, an die Weltöffentlichkeit explizit adressiert, wie Zheping Huang berichtet („Chinese President Xi Jinping has vowed to lead the new world order”, Quartz, 22. Februar 2017).

Den empirischen Nachweis für die These, dass die Volksrepublik an einer eigenen weltpolitischen Agenda arbeitet, liefern Samuel Brazys und Alexander Dukalskis (University College Dublin) in ihrem Beitrag „Canary in the coal mine? China, the UNGA, and the changing world order” (Review of International Studies, 20. Februar 2017): Eine Auswertung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen zeige, dass die Volksrepublik wirtschaftliche und diplomatische Mittel nutze, um subtil die internationalen Normen zu verändern. „We further illustrate these findings by examining four states that made substantive moves toward China on resolutions concerning national sovereignty, democracy, international order, non-interference, and human rights.” (Abstract)

Friedliche Entwicklung vs. Geoeconomics

Wie erfolgreich aber ist die Volksrepublik in der Umsetzung ihrer außenpolitischen Ziele? Mehrere Autoren werfen zur Beantwortung dieser Frage einen sehr genauen Blick auf die gegenwärtigen Entwicklungen. Peter Ferdinand stellt die wichtigste Initiative „one belt, one road“ vor – die Idee einer neuen Seidenstraße zu Land und zu Wasser, über die sich China ökonomisch stärker sowohl mit Zentralasien, Russland, dem Iran, der Türkei und Europa als auch mit südasiatischen Ländern wie Indien verbinden will, als Endpunkte sind Deutschland und die Niederlande gedacht. Auch um damit verbundene, langfristige Infrastrukturprojekte realisieren zu können, habe China 2015 die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) gegründet. Der Autor betont in diesem Kontext, dass die chinesischen Absichten, Kooperationen in Asien auszubauen, nicht mit der europäischen Integration vergleichbar seien. China favorisiere weniger den freien Handel und eher einen sanften Protektionismus, wobei sich mit der „one belt, one road“-Initiative das Interesse vom pazifischen Raum eher abwende. Ferdinand weist aber auch auf Hindernisse hin, auf die China schon deswegen stoßen werde, weil es seinen Akteuren an Kenntnissen über die Staaten und ihre Gesellschaften im Mittleren Osten und Südasien fehle. Und überhaupt sei keinesfalls ausgemacht, dass andere Staaten dem Versprechen der Volksrepublik, es werde durch die engere Kooperation eine Win-win-Situation entstehen, Glauben schenkten.

Auch nach Ansicht von Matt Ferchen, Carnegie-Tsinghua Center for Global Policy, lautet eine der zentralen Fragen im 21. Jahrhundert daher, ob die weiter wachsende Größe und zunehmende globale Interdependenz der chinesischen Wirtschaft sich tatsächlich in einen größeren geopolitischen Einfluss der Volksrepublik übersetzt. Um die Antwort erkennen und davon ausgehend den Weg zu konstruktiveren Beziehungen zu China ebnen zu können, sollten in der Analyse die Grenzen der ökonomischen und sicherheitspolitischen Teildisziplinen überwunden werden. „Instead, they must seek creative, boundary-breaking ways to better understand China’s expanding global footprint, as well as the dynamic and reciprocal interactions between economics and politics in general, and between economic development and security in particular”, schreibt er in dem Beitrag „China, Economic Development, and Global Security: Bridging the Gaps“. Ebenso wie Ferdinand betont auch Ferchen, dass Infrastrukturprogramme und Wirtschaftsinitiativen nicht die ganze Realität der sich gerade entwickelnden globalen Rolle Chinas abbildeten.

Der chinesischen Propaganda der friedlichen Außenpolitik im Dienste der inneren Entwicklung stellten US-amerikanische und europäische Thinktanks zunehmend eine neue Begrifflichkeit gegenüber: geoeconomics. „‚The use of economic instruments to promote and defend national interests, and to produce beneficial geopolitical results.‘“ (Ferchen zitiert aus: Robert D. Blackwill / Jennifer M. Harris: War by Other Means, Cambridge, MA, 2016) Auf den ersten Blick könnte aus dieser Perspektive auf einen sich damit verringernden Einfluss der USA und ihrer europäischen Verbündeten geschlossen werden. Bei genauerer Betrachtung zeigten sich allerdings widersprüchliche oder einfach unerwartete Auswirkungen der Einbindung Chinas in die Weltwirtschaft, schreibt Ferchen weiter unter Hinweis auf eine Studie des Weltwirtschaftsforums. Die Autoren der Studie „Geo-economics with Chinese Characteristics: How China’s economic might is reshaping world politics”, Januar 2016 herausgegeben vom Global Agenda Council on Geo-economics, zeigen tatsächlich eher Friktionen auf. Als Beispiel können die Beziehungen zu Lateinamerika dienen, die Evan Ellis einer klaren Kritik unterzieht: Mit Chile, Peru und Costa Rica seien bereits bilaterale Freihandelsabkommen abgeschlossen worden, das Engagement Chinas verändere den Handel ebenso wie finanzielle und geistige Strukturen. Aber die Volksrepublik sehe sich mit massiven Protesten gegen einzelne Infrastrukturprojekte konfrontiert und enttäusche die Partner außerdem, weil sie selbst keinen Absatzmarkt für lateinamerikanische Produkte biete – auf dem Weltmarkt konkurriere man sogar gegeneinander. Mehrere angekündigte Infrastrukturprojekte seien zudem nicht umgesetzt worden. Hinzu komme ein unerwünschtes Nebenprodukt dieser neuen Beziehungen: Es breiteten sich transpazifische kriminelle Aktivitäten aus, geschmuggelt würden Menschen, Waren und Waffen, außerdem chemische Ausgangsstof e für Drogen. Ian Bremmer betont in dem Papier, dass es nicht ausreichen werde, dass China viel Geld in Lateinamerika investieren könne – trotz vieler politischer Fehler der USA dort stünden diese auch aus Sicht der Lateinamerikaner immer noch für eine freie Weltordnung. Und das Verhältnis zwischen den USA und China bleibe eine „relationship between frenemies“ (19).

Aber auch in der eigenen Region stoßen die chinesischen Ambitionen auf Schwierigkeiten und Widersprüche, die den Zuwachs an politischem Gewicht behindern. Hina Rabbani Khar, ehemaliger Außenminister Pakistans, erläutert dies in dem Papier des Weltwirtschaftsforums mit Blick auf die komplizierte Situation in Südasien, das eine der am wenigsten integrierten Regionen der Welt sei. Prägend sei, dass sich China und Indien seit den 1960er-Jahren als Rivalen betrachteten. Daher sehe Indien die engen Beziehungen zwischen China und Pakistan als feindlichen Akt gegenüber den eigenen Interessen an. Pakistan selbst habe bislang am stärksten von den strategisch wichtigen Investitionen Chinas profitiert (Beispiel: Tiefsee-Hafen in Guadar; Partnerschaft zur zivilen Nutzung der Atomenergie). Der Politiker meint zwar, dass Südasien – einschließlich Indien – von den chinesischen Infrastrukturinvestitionen profitieren könnte, dazu aber müsste die Integration – etwa durch die Umsetzung von SAFTA (South Asia Free Trade Agreement) – vorangetrieben werden.

Während im Papier des Weltwirtschaftsforums kursorisch Chinas Engagement rund um den Globus auf den Prüfstand gestellt wird, bleibt der Schwerpunkt des erwähnten Chatham-House-Papiers auf Ostasien, ergänzt durch Beiträge zu den Beziehungen Chinas zu Russland, Indien und internationalen Organisationen sowie zu seiner Energiepolitik als wichtigen außenpolitischen Impulsgeber. Aufschlussreich ist unter anderem auch der Blick auf die Systemkonkurrenz im eigenen Land: Frühere Annahmen, durch das Wachstum Shanghais und anderer chinesischer Großstädte würde Hongkong an Relevanz verlieren, schreibt Tim Summers, hätten sich nicht bestätigt. „[...] Hong Kong’s open capital markets, rule of law, free flows of information and general openness (still rare cross Asia) clearly give it an enduring advantage for global business and create opportunities from the rise of China. This can be seen in the city’s role in the ongoing internationalization of the Chinese currency, and China has taken advantage of Hong Kong to reduce risks and mitigate concerns over its ‘go global strategy.” (12) Auch die Stellung Taiwans (Beitrag von Steve Tsang) folgt aufgrund der Beharrlichkeit des Inselstaates, seine unabhängige Existenz zu verteidigen, nicht allein den Regeln aus Beijing.

Die Zukunft ist offen

Matt Ferchen gewinnt aus seiner Problematisierung der außenpolitischen und -wirtschaftlichen Beziehungen Chinas den Eindruck, dass weder das chinesische Paradigma von der friedlichen, allein der Wirtschaft dienenden Außenpolitik noch der westliche Erklärungsansatz der geoeconomics ausreichend Aufklärung bietet. Beim Peaceful-Development-Framework verdecke die Propaganda die realen geopolitischen Intentionen, mit dem Geoeconomics-Framework würden die Möglichkeiten Chinas überschätzt, seine geopolitischen Ziele durch die Manipulation einheimischer und internationale Akteure und Märkte zu erreichen – interessant sei dabei, dass unterschiedliche Erklärungsansätze auch in politischen und wissenschaftlichen Institutionen in China selbst anzutreffen seien (wenn auch weiterhin eingebettet in die offizielle marxistische Rhetorik). In wissenschaftlichen Institutionen, internationalen Organisationen und in den zwischenstaatlichen Beziehungen sei ein sehr viel genaueres Hinsehen nötig, um die komplexen Verbindungen zwischen inneren und äußeren Faktoren, die die Entwicklung Chinas und seine Stellung in der internationalen Ordnung beeinflussen, zu verstehen. Fest stehe nur eine Prämisse, wie Ferchen unter Hinweis auf die USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts schreibt: Es gibt keine direkte und zwangsläufige Verbindung zwischen dem Reichtum eines Landes und seinem internationalem Einfluss.

 

Samuel Brazys / Alexander Dukalskis
Canary in the coal mine? China, the UNGA, and the changing world order
Review of International Studies, 20. Februar 2017, (eingeschränkter Online-Zugang)

 

Kerry Brown (Ed.)
The Critical Transition: China’s Priorities for 2021
Chatham House, Asia Programme: Research Paper, Februar 2017

 

Matt Ferchen
China, Economic Development, and Global Security: Bridging the Gaps
Carnegie-Tsinghua, Paper, 9. Dezember 2016

 

Peter Ferdinand
Westward ho – the China dream and ‘one belt, one road’: Chinese foreign policy under Xi Jinping
International Affairs Vol. 92, 4/2016

 

Zheping Huang
Chinese president Xi Jinping has vowed to lead the “new world order”
Quartz, 22. Februar 2017

 

Mikko Huotari
Preparing (for) China's vision of international order
Mercis China Blog, 23.Februar 2016

 

Moritz Rudolf / Mikko Huotari / Johannes Buckow / Sebastian Heilmann
Chinas Schatten-Außenpolitik: Parallelstrukturen fordern die internationale Ordnung heraus
Merics China Monitor, 23. September 2014

 

World Economic Forum: Global Agenda Council on Geo-economics (Ed.)
Geo-economics with Chinese Characteristics: How China’s economic might is reshaping world politics
Januar 2016

 

CC-BY-NC-SA
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John Seaman / Mikko Huotari / Miguel Otero-Iglesias
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In dieser umfangreichen Untersuchung, an der mehrere Forschungsinstitute beteiligt sind, werden die chinesischen Investitionen in 19 europäischen Ländern auf den Prüfstand gestellt, deren Umfang mittlerweile die europäischen Investitionen in der Volksrepublik übertrifft. Die Informationen sollen Europa dabei unterstützen, die chinesische Außenpolitik und deren Folgen zu verstehen.

 

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Eva Pejsova, in Kooperation mit Jakob Bund (Hrsg.)
Chinese futures: Horizon 2025
EU Institute for Security Studies 2017

Die Autoren gehen der Frage nach, wie sich China in Zukunft als globaler Akteur positionieren wird und wie Europa eine Zusammenarbeit gestalten kann, in der es seine eigenen Interessen wahrt. Die Aufsätze gehen auf drei Workshops der Chinese Futures Task Force zurück, die zwischen Dezember 2016 und März 2017 in Paris und Brüssel stattgefunden haben. Berücksichtigt werden innenpolitische wie wirtschaftliche Determinanten ebenso wie die demografische Entwicklung. Auf dieser Basis werden dann Chinas Rolle im asiatischen Raum und in der Welt analysiert.

 

neue Literatur

Julian Gewirtz
Unlikely Partners. Chinese Reformers, Western Economists, and the Making of Global China
Harvard, Harvard University Press 2017

 

Jin Kai
Rising China in a Changing World. Power Transitions and Global Leadership
Basingstoke, Palgrave Macmillan 2017

 

Chris Ogden
China and India: Asia's Emergent Great Powers
New York, John Wiley & Sons 2017

 

Michael Paul
Kriegsgefahr im Pazifik? Die maritime Bedeutung der sino-amerikanischen Rivalität
Baden-Baden, Nomos Verlag 2017

 

Tilman Pradt
China’s New Foreign Policy. Military Modernisation, Multilateralism and the ‘China Threat’
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Stefan Schmalz
Machtverschiebungen im Weltsystem. Der Aufstieg Chinas und die große Krise
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