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SIRIUS: Analyse / 02.05.2023

Russlands neue Strategie im Ukraine Krieg – wo führt sie hin?

Putin während seiner Neujahrsansprache am 31.12.2022.  Wikimedia Commons, Urheber: Russ. Präsidialamt. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:New_Year_Address_(2022-12-31).jpg. 

Russlands Strategie für die vierte Kriegsphase zum Jahreswechsel 2022/23 ziele auf die Zermürbung der Widerstandsfähigkeit der Ukraine und auf die Wiedererlangung der eigenen militärischen Initiative, so Joachim Krause. Für SIRIUS - Zeitschrift für Strategische Analysen analysiert er die maßgeblichen Faktoren für das Ge- oder Misslingen jener Strategie - auf Seiten Russlands und des Westens. Unklar bleibe auch, wie sich dieser Krieg auf Russland und die Stabilität des Regimes auswirke. Dies gelte auch für dessen weiteres Verhältnis zu den Nachbarn Europa und China.

 

Einleitung

In seiner Neujahrsrede zum Jahreswechsel 2022/2023 bezeichnete der russische Präsident Wladimir Putin den von ihm befohlenen Angriffskrieg gegen die Ukraine als „Verteidigungskrieg“ Russlands gegen den Westen. Besonders die USA seien darauf aus, Russland zu schwächen und zu zerstückeln. Es gehe um das Überleben Russlands. Mit diesen Worten bereitete er Russlands Bevölkerung auf einen lang andauernden Krieg in der Ukraine vor, der zumindest im Jahr 2023 weitern andauern dürfte.[1] Damit wird die vierte Phase von Russlands Krieg gegen die Ukraine erkennbar: Nach der ersten Phase, in der russische Truppen vergeblich die ukrainische Hauptstadt Kyjiw einzunehmen und den ganzen Süden der Ukraine zu erobern versuchten, ging Russland in der Folgephase dazu über, eine militärische Entscheidung im Donbas zu suchen. Nachdem seine Angriffskräfte im Sommer 2022 kaum territoriale Gewinne erzielen konnten und ihre Kräfte verausgabt hatten, reagierte die Ukraine in der dritten Phase mit Gegenangriffen und konnte 40 Prozent der zuvor von Russland besetzten Gebiete zurückerobern. Seit November 2022, nach Abzug der russischen Truppen aus Cherson, sehen wir ein neues Stadium, gekennzeichnet durch Russlands Versuch, mit einem Abnutzungs- und Erschöpfungskrieg gegen die Ukraine wieder die Initiative zu gewinnen.[2]

Den wenigsten ist bewusst, was dieser Strategiewechsel bewirken kann. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, welche Stationen zum Wechsel in der russischen Strategie geführt haben und was der Strategiewechsel konkret bedeutet. Anschließend wird gefragt, ob Russlands Wirtschaft und Bevölkerung die Strapazen durchhalten können und auf welche Szenarien man sich einstellen muss.

weiterlesen

 

1  Vgl. Ann M. Simmons: Putin Doubles Down on Ukraine War in New Year Speech, Wall Street Journal, 31.12.2022.  
2  Zu der Einteilung in Phasen, vgl.:  Alexander Rosemann (2022): Der russische Überfall auf die Ukraine – eine militärische Lageanalyse. Sirius – Zeitschrift für strategische Analysen, 6 (3), 253–270; sowie:  Michael Jonsson/ Johan Norberg (2022): Russia’s War Against Ukraine. Military Scenarios and Outcomes. Survival, 60 (6), 91–122. 10.1080/00396338.2022.2150429




 

sirius 7 1 2023

 

Russlands neue Strategie im Ukraine Krieg – wo führt sie hin?

SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen 

Band 7 Heft. 1-2023, Seiten 25-37,  https://doi.org/10.1515/sirius-2023-1005

Die Erstveröffentlichung des Textes erfolgte am 4. April 2023.

Die Zeitschrift SIRIUS wird herausgegeben durch die Stiftung Wissenschaft und Demokratie (SW&D), ebenso ermöglicht die Stiftung ab dem Jahr­gang 2022 die digitale Veröffentlichung aller Artikel in Open Access unter der Lizenz CC­BY NC ND. Die SW&D ist eine wissenschaftsfördernde Stiftung, die sich in ihrer operativen Tätigkeit als Herausgeberin von SIRIUS und mit ihrem Online­Portal für Politikwissenschaft insbesondere um die Kommunikation politikwissenschaftlicher Forschungsergebnisse bemüht. Darüber hinaus unterhält sie eine eigene Forschungseinrichtung, das Institut für Parlamentarismusforschung in Berlin, und fördert das Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel.

Band 7 der Zeitschrift SIRIUS wird während des 30-­jährigen Jubiläums der SW&D veröffentlicht. Die SW&D ist seit 30 Jahren tätig und verfolgt mit ihren Einrichtungen und Förderprojekten das Ziel, insbesondere die Politikwissenschaft bei der Lösung praktischer und normativer Probleme der Demokratie zu unterstützen.      

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