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Rezension / 27.03.2025

Daniel Loick: Die Überlegenheit der Unterlegenen. Eine Theorie der Gegengemeinschaften

Berlin, Suhrkamp 2024

Daniel Loick argumentiert, dass diskriminierte Menschen Zugänge zu epistemischen Einsichten, ethischen Haltungen und ästhetischen Ausdrucksweisen haben, die privilegierten Gruppen fehlen. Dies ist die Überlegenheit der Unterlegenen. Karsten Schubert, Associate Fellow an der Humboldt-Universität zu Berlin, lobt das Buch für seine „umfassende Exploration grundlegender sozialtheoretischer Probleme und Fragen des gesellschaftskritischen Aktivismus“. Er teilt Loicks grundlegende Stoßrichtung, kritisiert aber dessen „manichäische Rhetorik des Abolitionismus“.

Wir leben in Zeiten einer Erosion der auf Freiheitsrechten basierenden liberalen Demokratie. Ein autoritärer Politikstil im Umgang mit zivilgesellschaftlichem Aktivismus wird in der selbstidentifizierten Mitte immer salonfähiger, wie unter anderem die Repressionen gegen propalästinensische Stimmen und die Letzte Generation zeigen. Rechtspopulistische Politik zeigt immer offener ihr faschistisches Gesicht und bedroht das Leben gesellschaftlicher Minderheiten und Frauen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die vom Illiberalismus und Autoritarismus konkret bedrohten Gruppen – insbesondere rassifizierte und queere Menschen – sich dagegen wehren, überleben oder sogar florieren können. Trotz dieser bedrohlichen Situation müssen wir uns Daniel Loicks Die Überlegenheit der Unterlegenden als ein glückspendendes Buch vorstellen. Die Grundthese ist, dass die Unterlegenen – also all diejenigen, die von strukturellen Diskriminierungsverhältnissen betroffen sind – gerade durch diese Betroffenheit dominanten Gruppen überlegen sind oder zumindest das Potenzial für solche Überlegenheit haben. Loick diskutiert und verteidigt diese These im Hinblick auf die vier Felder Wissen, Normativität, Ästhetik und Affektivität. Unterlegene haben demnach bessere Erkenntnismöglichkeiten, moralischere Werte, schönere Kultur und affizierendere Gefühle als die Dominanzgesellschaft.

Ein halber Beitrag zum Kulturkampf um Identitätspolitik

Während insbesondere die These einer epistemischen Überlegenheit diskriminierter Gruppen in aktivistischer Praxis vielfach (und mit vielfachen Reibungsverlusten) gelebt wird, wird sie im Feuilleton erbittert als Fundamentalismus einer angeblich antiaufklärerischen Identitätspolitik bekämpft. Loicks Buch ist eine wichtige Intervention in diesen Streit um Identitätspolitik und zeigt einmal mehr, dass deren Befürworter auf philosophisch satisfaktionsfähigerem Boden als deren Gegner stehen.[1] Eine schüchterne Intervention allerdings, insofern Loick diese offensichtliche Verbindung seines Themas zur Debatte um Identitätspolitik erstaunlicherweise ausblendet. Das Buch preist zwar den Widerstandskampf der Unterlegenen, hält sich aber selbst aus dem laufenden Kulturkampf raus, obwohl dieser den Illiberalismus realpolitisch befeuert.

Der spezifische Einschlag von Loicks Ansatz ist, dass er den unter- und zugleich überlegenen Gegengemeinschaften zuschreibt, auf die Abolition, also die Überwindung bzw. Abschaffung der diskriminierenden Institutionen hinzuarbeiten, die von Loick tendenziell als nicht-reformierbare Totalität aufgefasst werden. In diesem absolutistisch-abolitionistischen Rahmen liegt auch die größte Schwäche des Buches: Eine Verteidigung des liberalen Rechtsstaats gegen den Autoritarismus ist damit kaum zu machen. So mutet der abolitionistische Optimismus an wie ein Relikt aus der Vergangenheit, als die Rückabwicklung der von den Unterlegenen mühsam durchgesetzten Rechte noch nicht auf der unmittelbaren Tagesordnung stand. Aber der Reihe nach.

Loick eröffnet das sozialphilosophische Argument mit Hegels Herr-Knecht-Verhältnis, das zum ersten Mal die These der Überlegenheit der im Herrschaftsverhältnis unterlegenen Position ausbuchstabiere, dessen einfacher Schematismus allerdings sozialtheoretisch korrigiert werden müsse, um die Sittlichkeit von »knechtischen Gemeinschaften« (15) bzw. Gegengemeinschaften zu denken. So trägt die eigentliche Argumentationslast dann auch eine fast enzyklopädisch zusammengestellte Breite sozialphilosophischer und -theoretischer Ansätze, insbesondere solche, die die Standpunkte der Unterlegenen formulieren (aus dem Feminismus, Black Studies, Queer Studies etc.), gepaart mit historisch-narrativen Situationsschilderungen, sowie Film- und Romananalysen. Der Hegelianische Rahmen taucht dabei immer wieder auf und stiftet die Grundzüge einer Theorie der gegengemeinschaftlichen Sittlichkeit, wird aber derart von den anderen Ansätzen überlagert und korrigiert, dass er systematisch nicht entscheidend ist und teilweise sogar für eine unnötige Umständlichkeit der Argumentation sorgt.

Das einleitende erste und das zweite Kapitel widmet Loick grundsätzlichen Bestimmungen der Überlegenheit von Gegengemeinschaften, die er mit Rahel Jaeggi als Lebensformen versteht (vgl. 16). Die Überlegenheit sei weder geschichtsphilosophisch noch anthropologisch, sondern durch die Agonalität und den »dynamischen und schöpferischen Charakter« (29) von Gegengemeinschaften begründet. Ihre Überlegenheit resultiere »daraus, dass ihre Sittlichkeit besser mit der irreduziblen Konfliktualität korrespondiert, die herrschaftsförmige Gesellschaften kennzeichnet, als diejenige ihrer Unterdrücker:innen« (24). Eine entscheidende Leistung von Gegengemeinschaften sei die politische Subjektivierung, also die Verwandlung von unterdrückten Menschen in politische Subjekte (vgl. 30). Das Ziel der Gegengemeinschaften sei Abolition, also die Aufhebung von Herrschaft und Knechtschaft per se (vgl. 33 ff.). Dafür müsse der knechtische Standpunkt universalisiert werden und für die gesamte Gesellschaft gelten, was wiederum nicht durch Integration in bestehende Institutionen gelingen könne, sondern nur durch den radikalen Neuaufbau vom Standpunkt der bislang) Beherrschten aus (vgl. 37). Dass eine solche Revolution nicht in Sicht ist, muss Loick nicht die Hoffnungen nehmen, da er Gegengemeinschaften mit der Metapher des Maulwurfs beschreibt: Maulwürfe untergrüben kontinuierlich im Untergrund und ließen so irgendwann »ein seelenloses und morsch gewordenes Gebäude zum Einsturz bringen« (45).

Differenzierte Überlegenheiten

Die vier folgenden Kapitel diskutieren die vier Überlegenheitsbereiche Wissen, Normativität, Ästhetik und Affektivität. Dabei ist die epistemische Überlegenheit der Unterlegenen in der Literatur breit und lange diskutiert. Die Grundeinsicht, dass Wissen standpunktabhängig ist und unterdrückte Menschen das Potenzial zur gemeinsamen Erarbeitung von besserem Wissen haben, während die mehrheitsgesellschaftliche Position mit Wissensblockaden einhergeht, wird vielfach geteilt. Loick rekonstruiert den Diskussionsstand auf überzeugende Art und Weise und verteidigt ihn gegen häufige Einwände. In der Linie des Abolitionismus spitzt er darüberhinausgehend zu, dass Gegengemeinschaften hegemoniales Wissen nicht einfach korrigierten, sondern „expressive Ideologiekritik“ betrieben (110). Sie zielten demnach darauf, ideologische Wissens- und Praxisformen aufzusprengen, um einen ganz neuen Deutungsrahmen zu etablieren, „innerhalb dessen wir nicht ständig lügen müssen« (114).

Während Loick bezüglich der epistemischen Überlegenheit bis auf die abolitionistische Zuspitzung eine etablierte Tradition rekonstruiert, sind seine Thesen zu den anderen drei Feldern kreativer. Für die normative Überlegenheit von Gegengemeinschaften argumentiert Loick mittels der Rekonstruktion eines neuen Begriffs von »flüchtiger Freiheit«, der aus der Fluchterfahrung von Sklaven abgeleitet ist und »einen kontestativen, sozialen und transitorischen Gehalt hat« (131). Damit könne der Naturalismus und Paternalismus des negativen und des sozialen Freiheitsbegriffs kritisiert und eine radikale Kritik an Kapitalismus und souveräner Staatlichkeit begründet werden (vgl. 132). Aus dem Freiheitsbegriff ließen sich auch neue, nicht-souveräne und insofern bessere Institutionen ableiten, wofür Loick als ein Beispiel die politischen Gemeinschaften geflüchteter Sklaven, die sogenannten Marronagen, anführt (vgl. 133). Weitere Gewähr für die überlegene Normativität soll eine ausführliche Rekonstruktion der feministische Care-Ethik bieten. Systematisch leitet Loick die normative Überlegenheit dann aus der »Erfahrung des Kampfes« von Gegengemeinschaften ab, durch die sich ihnen der »dynamische Charakter von Freiheit und Fürsorge besser« (148) als den dominanten Gruppen darstelle. Insgesamt ermögliche die gegengemeinschaftliche Normativität anarchistische Gemeinschaften der statusunabhängigen Bedürfnisbefriedigung, die abolitionistisch gegen dominante Normativität etabliert würden (vgl. 149).

Der Begriffsvorschlag der ›flüchtigen Freiheit‹ kann eine vielversprechende Bereicherung der Freiheitsdebatte darstellen, würde man ihn als Bereicherung und nicht als Ablösung denken, aber abolitionistisch gegen die Totalität »dominante[r] Normativität« (149) positioniert wirkt er unterkomplex. Insgesamt hinterlässt das Kapitel den Eindruck, dass Loick Sklavenflucht und feministische Care-Ethik zusammenbringt, weil er sie jeweils für wichtige Quellen von Normativität hält, wodurch aber die These einer grundsätzlichen normativen Überlegenheit noch nicht begründet werden kann. Zu stark springt der Text von der Literaturrekonstruktion zu darin nicht enthaltenen abolitionistischen Ausrichtungen. Beispielsweise schildert Loick, dass Care-Ethiken trotz ihrer Kritik an abstrakten Gerechtigkeitstheorien diese nicht verdrängen wollten, sondern ein Spannungsverhältnis zwischen Fürsorge und Gerechtigkeit zeichneten (vgl. 142f.), was wiederum schwer mit dem abolitionistischen Verwerfen der dominanten Normativität zusammengebracht werden kann.

Die Argumente einer ästhetischen Überlegenheit rekonstruiert Loick mit Friedrich Schiller, Peter Weiss und der Black Radical Tradition. Zentrale Quelle für Schönheit sei demnach der Kampf der Gegengemeinschaften, weil hier eine »Spannung von Realität und Virtualität« ausgedrückt werde, mithin ein »Vor-Schein der Freiheit« (171, Herv. i.O.). Mit Saidiya Hartman schildert Loick die ästhetische Stilisierung in schwarzen Gegenkulturen und Lebensstilen; mit Fred Moton und bell hooks rekonstruiert er den ästhetischen Wert des Bruchs mit hegemonialen Schönheitsvorstellungen. Zusammenfassend sei die Ästhetik der Gegengemeinschaften »anti-assimilatorisch und anti-positivistisch« (183). Sie ziele nicht auf Integration, denn das »Leben der Underdogs und Outsider ist schöner als das der Reichen und Mächtigen« (183). Während das Kapitel den ästhetischen Eigenwert von Gegenkulturen für deren Mitglieder überzeugend herausarbeitet, folgt daraus noch nicht die behauptete stärkere These einer allgemeinen ästhetischen Überlegenheit.

Ausgehend von der Einsicht, dass Gefühle nicht rein innerlich und individuell, sondern sozial konstituiert sind und damit kollektiven Werten und Ideen folgen (vgl. 190), geht es bei ihrer Überlegenheit aufseiten der Gegengemeinschaften dennoch um die irreduzible »therapeutische und auch die hedonistische Funktion gegengemeinschaftlicher Affektpolitik« (196). Loick schlägt dafür einen spinozistischen Affektbegriff vor, bei dem es um die Steigerung menschlicher Kapazitäten für Transformationsprozesse und Selbstüberschreitung geht (vgl. 201-209): »Besser sind ihrem Begriff nach solche Affekte, die Menschen besser in die Lage versetzen, zu bewegen und sich bewegen zu lassen, das heißt, Prozesse der Transition zuzulassen und zu affirmieren – sich zu entwickeln« (214). Problematisch hieran ist, dass die Gelingensbedingungen unklar sind, weil Selbsttransformation und Gesellschaftstransformation nicht hinreichend unterschieden werden. Wenn die gegengemeinschaftliche Entwicklung durch das Erstarken von Autoritarismus und Illiberalismus nachhaltig blockiert wird, scheint fraglich, ob die Unterlegenen ihre überlegenen Gefühle tatsächlich aufrechterhalten können.

Kapitel 7 diskutiert fünf verschiedene Lösungsansätze für das Problem, wie eine gegengemeinschaftliche Sittlichkeit gegen die hegemoniale Sittlichkeit etabliert werden kann, ohne dabei in liberalen Naturalismus oder politischen Dogmatismus zu verfallen (vgl. 246). Dafür müsse eine neue, bessere zweite Natur aufgebaut werden, was über gegengemeinschaftliche Routinen und Gewöhnung funktioniere. Solange die hegemoniale Sittlichkeit bestehe, sei das Ziel der gegengemeinschaftlichen Sittlichkeit, die Spannung und den Kampf dagegen aufrecht zu erhalten (vgl. 245). Als Beispiel für eine solche gegengemeinschaftliche zweite Natur führt Loick queere Lebensweisen an, die sich durch einen »irreduzibel transgressiven oder konfliktuellen Charakter« auszeichneten (247).

Erlösungsphantasien

Im Schlusskapitel führt Loick die Argumentation auf ihre abolitionistische Pointe hin. Weil die gegebenen Institutionen (wie Ehe, Markt und Parlament) »die Form und der Ausdruck heteronormativer, kapitalistischer und rassistischer Herrschaft« (249) seien, kann Befreiung nicht in Inklusion oder in ihrer Reform bestehen. »Der Kampf um Befreiung muss immer […] ein Kampf gegen die bestehenden und für andere Institutionen sein« (249). Dafür würden Gegengemeinschaften ihre eigene Position universalisieren, »wodurch zugleich das Herrschaftsverhältnis gesprengt und die eigene Position darin aufgehoben wird« (249). Damit einher geht eine erwartbare Kritik des Reformismus, womit alle »graduelle, partielle und schrittweise Verbesserung« (250) gemeint ist, denn nur »radikale, umfassende und dringende Abschaffung« (250) von Herrschaft könnten Befreiung bewirken. »Aufhebung, nicht die Verbesserung der bestehenden Gesellschaft« (250) sei das abolitionistische Ziel. Loick wirbt in zehn Argumenten für den Abolitionismus, die jeweils wichtige sozialtheoretische und strategische Einwände gegen Reformismus enthalten und dennoch die abolitionistische Rhetorik der Radikalität nur bedingt begründen können.

Im Anschluss wird die radikale Rhetorik konsequenterweise auch ein Stück weit wieder eingeholt, wenn Loick zugesteht, dass konventionelle Reformstrategien ein wichtiger Teil des radikalen Aktivismus seien (vgl. 258). Im Gegensatz zum abolitionistischen Anspruch wirken die angeführten Beispiele für »befreiende Gegen-Institutionen« auch etwas deflationiert: »Dazu zählen von den Arbeiter:innen selbst kontrollierte Betriebe, Konsumgenossenschaften und Mietkooperativen, Gemeinderäte und partizipative Stadtplanung, Zufluchtsorte und Refugien, ökologische Gärten und kommunale Landwirtschaftsprojekte, selbstorganisierte Interventionsteams und nachbarschaftlich verankerte Konfliktschlichtungsinstanzen« (261). All das gibt es bereits, ohne dass sich die zu überwindende gesellschaftliche Totalität davon sonderlich aus der Ruhe bringen lassen würde.

Das große Verdienst von Loicks Buch besteht darin, eine komplexe und umfassende Exploration grundlegender sozialtheoretischer Probleme und Fragen des gesellschaftskritischen Aktivismus zu liefern. Loicks Diskussionen der gegengemeinschaftlichen Sozialtheorien sind unabhängig vom abolitionistischen Rahmen eine enorme Bereicherung. Doch das Buch ist durchzogen von einem Spannungsverhältnis zwischen der sorgfältigen Problementfaltung und der manichäischen Rhetorik des Abolitionismus, die die Gegengemeinschaften als erlösende Kraft gegen die unreformierbare gesellschaftliche Totalität stellt.

Die Abolition des Abolitionismus

»Die Welt zu verändern, ohne die Macht zu übernehmen« (262, Loick zitiert Holloway), funktioniert nicht. Frei nach Foucault könnte man sagen: Machtfreie Räume gibt es nicht, deshalb kommt es darauf an, die Macht anders zu gestalten, wofür man sie (zumindest teilweise) »übernehmen« muss. Genau darauf zielen viele gesellschaftskritische Bewegungen, indem sie neue Normen und Rechte fordern und durchsetzen, beispielsweise die Kriminalisierung der Vergewaltigung in der Ehe oder auch die Ehe für alle. Deren Politik lässt sich besser radikaldemokratisch als abolitionistisch fassen, zielt sie doch auf eine Demokratisierung der Demokratie zur besseren Verwirklichung von Gleichheit und Freiheit. Der Vorteil dieses Ansatzes[2] ist, dass er ökumenisch Gegengemeinschaften ganz unterschiedlicher strategischer Ausrichtung einbezieht und reformorientierte Kräfte nicht von vornherein begrifflich ausschließt. So kann gesellschaftlicher Fortschritt realistischer gedacht werden: als kontinuierliche Kritik an notwendigerweise diskriminierenden Institutionen, die die Lücke zwischen demokratischem Anspruch und Wirklichkeit immanent kritisiert. Gegengemeinschaften können als verwoben mit aktueller Herrschaft interpretiert werden, nicht als ihr radikal Anderes. Sie können an Herrschaftspraktiken beteiligt sein – und müssen sogar darauf hinarbeiten –, weshalb Herrschaftskritik als ein kontinuierlicher Prozess im Rahmen der liberalen Demokratie gedacht werden sollte, der auch vor den Normen der Gegengemeinschaften nicht Halt macht.

Auch für eine solche radikaldemokratische Interpretation der Gegengemeinschaften ist deren Überlegenheit fundamental. Denn vor dem Hintergrund der epistemischen Blockaden der Mehrheitsgesellschaft sind gegengemeinschaftliche Standpunkte notwendig, um überhaupt Wissen über Diskriminierung und Unterdrückung zu entwickeln und in den politischen Prozess einzuspeisen. Die Überlegenheit der Unterlegenen ist aber nicht nur für die Demokratisierung der Demokratie entscheidend, sondern auch zur Verteidigung der schon mühsam erkämpften Schutzrechte. Wir brauchen mächtige Gegengemeinschaften dringender denn je – nicht zur Überwindung der liberalen Demokratie, sondern zu ihrer Verteidigung gegen Illiberalismus und Autoritarismus. Deshalb ist Loicks Buch eine wichtige und zeitgemäße Lektüre.


Fußnoten:

[1] Siehe hierzu Schubert, Karsten (2024): Lob der Identitätspolitik. München: C.H.Beck.

[2]  Siehe auch hier Schubert (2024): Lob der Identitätspolitik.


Diese Rezension ist in Kooperation mit der Zeitschrift "Ethik und Gesellschaft" entstanden und wird dort ebenfalls veröffentlicht.

DOI: 10.36206/REZ25.15
CC-BY-NC-SA
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